|
|
Aufgrund des § 29 Absatz 2 des Gesundheitsdienstgesetzes vom 27. März 1995 (Brem.GBl. S.175, 366 -2120-f-l), das zuletzt durch Artikel 1 Absatz 30 des Gesetzes vom 25. Mai 2010 (Brem.GBl. S. 349) geändert worden ist, wird verordnet:
(1) Diese Berufsordnung regelt die allgemeinen und speziellen Berufsaufgaben der staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger, der staatlich anerkannten Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger sowie der staatlich anerkannten Altenpflegerinnen und -pfleger (professionell Pflegende), die im Land Bremen dauerhaft oder vorübergehend ihren Beruf ausüben.
(2) Professionelle Pflege wird unter Berücksichtigung und ohne Bewertung von Nationalität, Glauben, politischer Einstellung, Hautfarbe, Alter, sexueller Identität, Geschlecht oder dem sozialen Rang ausgeführt.
(3) Ziel dieser Berufsordnung ist die Sicherstellung einer professionell und qualitativ hochwertigen Pflege, insbesondere im Bereich der Praxis, der Aus-, Fort- und Weiterbildung, des Managements und der Wissenschaft.
Innerhalb des Gesundheitswesens ist Pflege als Beruf eine durch Wissen und Können abgrenzbare Disziplin. Sie stützt sich in der Ausübung des Berufes und in der Forschung auf pflegewissenschaftliche, medizinische und weitere bezugswissenschaftliche Erkenntnisse. Sie bedient sich der fachlichen, personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen, die zur Pflege von Menschen in unterschiedlichen Pflege- und Lebenssituationen sowie Lebensphasen erforderlich sind. Die Pflege im Sinne von Satz 1 bis 3 ist dabei unter Einbeziehung präventiver, kurativer, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen auf die Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen auszurichten. Für sterbende Menschen ist die bestmögliche, würdevolle Begleitung zu gewährleisten. Die Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen ist stets zu berücksichtigen.
(1) Professionell Pflegende verantworten die Pflege entsprechend den physischen, psychischen, religiösen, kulturellen und sozialen Bedürfnissen der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen.
(2) Die Aufgaben der professionell Pflegenden sind entweder eigenverantwortlich, im Rahmen der Mitwirkung oder interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen auszuüben.
Folgende Aufgaben werden durch professionell Pflegende eigenverantwortlich ausgeführt:
Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfes, Planung, Organisation, Durchführung und Dokumentation der Pflege,
Evaluation der Pflege, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege,
Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden und zu betreuenden Menschen und ihrer Bezugspersonen in der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit,
Anleitung von Auszubildenden in enger Kooperation und Zusammenarbeit mit den für die Ausbildung Verantwortlichen,
verantwortliche Delegation von Pflegetätigkeiten,
Anwendung heilkundlicher Kompetenzen im Sinne des § 4 Absatz 7 des Krankenpflegegesetzes und des § 4 Absatz 7 des Altenpflegegesetzes.
Folgende Aufgaben werden von professionell Pflegenden im Rahmen der Mitwirkung ausgeführt:
eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen,
Maßnahmen der Prävention, medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation.
Professionell Pflegende arbeiten interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zusammen und entwickeln dabei multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen von Gesundheitsproblemen.
(3) Für die von ihnen durchgeführten Maßnahmen tragen professionell Pflegende sowohl für die Entscheidung der Übernahme als auch für die Qualität der Durchführung die Verantwortung. Professionell Pflegende dürfen nur solche Aufgaben übernehmen, für die sie ausreichend qualifiziert sind.
konzipieren, realisieren und evaluieren Pflegeleistungen in Absprache mit den von ihnen zu pflegenden und zu betreuenden Menschen,
unterstützen das Recht der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen auf umfassende Information über ihren Gesundheits- und Pflegezustand, um Selbstbestimmung zu ermöglichen,
entwickeln und überprüfen ihre Pflegetätigkeit aufgrund anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse,
übernehmen im Team und in der Institution Verantwortung, indem sie sich an der Qualitätsentwicklung und -sicherung beteiligen,
halten ihren Kompetenzbereich ein und achten den Kompetenzbereich anderer Berufsgruppen,
arbeiten eng mit Angehörigen und Laien zusammen und leiten diese in der Pflege an.
(1) Professionell Pflegende haben folgende berufsrechtlichen Vorschriften zu beachten:
Allgemeine Berufspflichten
Eine professionelle pflegerische Berufsausübung verlangt, dass die professionell Pflegenden beim Umgang mit zu pflegenden und zu betreuenden Menschen
deren Würde und Selbstbestimmungsrecht respektieren sowie deren Privatsphäre achten,
sie in verständlicher und angemessener Weise über die beabsichtigten Pflegemaßnahmen, gegebenenfalls über deren Alternativen und über die Beurteilung des Pflegezustandes informieren,
das Recht, empfohlene Pflege- und Betreuungsmaßnahmen abzulehnen, respektieren,
Rücksicht auf die Gesamtsituation der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen nehmen,
den Mitteilungen der zu pflegenden und zu betreuenden Menschen gebührende Aufmerksamkeit entgegen bringen und einer Kritik von ihnen sachlich begegnen,
rechtzeitig weitere Fachkräfte, insbesondere Ärztinnen oder Ärzte oder andere Pflegekräfte, hinzuziehen, wenn die eigene Kompetenz zur Lösung der Aufgabe nicht ausreicht.
Spezielle Berufspflichten
Schweigepflicht
Die professionell Pflegenden sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse der von ihnen zu pflegenden und zu betreuenden Menschen und deren Bezugspersonen verpflichtet.
Auskunftspflicht
Die professionell Pflegenden sind angehalten, den zu pflegenden und zu betreuenden Menschen die erforderlichen Auskünfte über die geplanten pflegerischen Maßnahmen zu erteilen. Darüber hinaus sollen sie an die am Pflege- und Betreuungsprozess beteiligten Angehörigen eigener und anderer Berufsgruppen die notwendigen Informationen weitergeben.
Beratungspflicht
Die professionell Pflegenden sind gegenüber den zu pflegenden und zu betreuenden Menschen zur Beratung verpflichtet. Dies betrifft im Besonderen gesundheitsfördernde und gesundheitserhaltende Maßnahmen, Methoden und Verhaltensweisen und die Beratung zu alternativen Pflege- und Versorgungsformen.
Dokumentationspflicht
Die professionell Pflegenden haben ihre eigenverantwortliche Pflegetätigkeit in strukturierter Form zu dokumentieren. Hierzu wird ein im Arbeitsbereich installiertes standardisiertes Dokumentationssystem verwendet. Die Dokumentationen erfolgen vollständig und unverzüglich, leserlich und fälschungssicher signiert. Das Dokumentationssystem muss allen am Pflege- und Betreuungsprozess beteiligten Angehörigen eigener und anderer Berufsgruppen im Rahmen des Pflege- und Betreuungsvertrages und der gesetzlichen Bestimmungen zugänglich sein. Die professionell Pflegenden haben den zu pflegenden und zu betreuenden Menschen auf deren Verlangen Einsicht in die sie betreffenden Unterlagen zu gewähren. Auf Verlangen sind den zu pflegenden und zu betreuenden Menschen Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben. Die Pflegedokumentation unterliegt dem Datenschutz. Sofern eine elektronische Dokumentation verwendet wird, sind die besonderen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen zu beachten.
Verpflichtung zur Kompetenzerhaltung
Professionell Pflegende sind verpflichtet, Maßnahmen zur beruflichen Kompetenzerhaltung zu ergreifen. Geeignete Maßnahmen zur Kompetenzerhaltung sind neben dem Studium der Fachliteratur insbesondere die Teilnahme an internen Qualifizierungsmaßnahmen, externen Fortbildungsveranstaltungen bei anerkannten Fort- und Weiterbildungsträgern, an Qualitätssicherungsmaßnahmen, fachlichen Hospitationen und Auditverfahren, die eigene fachliche Tätigkeit beim Verfassen von pflegewissenschaftlichen Artikeln oder in der aktiven Referentenfunktion. Diese Maßnahmen sichern und vertiefen die professionelle Fach-, Methoden-, Sozial-, Individual- und gegebenenfalls Führungskompetenz. Professionell Pflegende müssen den Sätzen 1 und 2 entsprechende Maßnahmen gegenüber der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz in geeigneter Form nachweisen können. Die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz kann den Nachweis über absolvierte kompetenzerhaltende Maßnahmen der professionell Pflegenden abfragen. In jedem Jahr sind Maßnahmen der Kompetenzerhaltung im Umfang von mindestens zwanzig Punkten neben dem Studium der Fachliteratur durch jede professionelle Pflegekraft verbindlich zu erbringen. Dabei entspricht ein Punkt bei Fortbildungen und vergleichbaren Qualifizierungsmaßnahmen einer Unterrichtsstunde, bei Tagungen, Kongressen, Hospitationen und ähnlichen Maßnahmen einer Zeitstunde, in beiden Fällen können aber täglich jeweils höchstens acht Punkte erlangt werden. Die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz regelt das nähere Verfahren.
Verpflichtung zur Qualitätsentwicklung und -sicherung
Die professionell Pflegenden sind verpflichtet, sich an Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und -sicherung zu beteiligen. Grundlage dafür sind insbesondere die aktuelle Gesundheitsgesetzgebung und landes- oder bundesrechtliche Vorschriften zur Qualitätsentwicklung und -sicherung.
Mitteilungspflicht
Professionell Pflegende, deren Gesundheit so weit eingeschränkt ist, dass die Berufsausübung wesentlich beeinträchtigt ist oder die zu pflegenden und zu betreuenden Menschen gefährdet werden können, sind verpflichtet, dies ihrem verantwortlichen Vorgesetzten, ihrem Arbeitgeber oder der zuständigen Behörde mitzuteilen.
(2) Träger von Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegewesen, Anstellungsträger und Arbeitgeber von Pflegefachkräften sollen professionell Pflegende bei der Erfüllung ihrer Berufspflichten unterstützen.
Die Annahme geldwerter Leistungen, wie Geschenke, Geld, Sachmittel, Darlehen oder die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit sind mit dem berufsethischen Verständnis der professionell Pflegenden unvereinbar. Einzelheiten hierzu werden durch die Dienstanweisungen der Träger geregelt. Ausgenommen hiervon ist die Annahme geldwerter Leistungen im Bagatellbereich.
Das Ausstellen von Gutachten und Zeugnissen durch professionell Pflegende hat nach bestem Wissen und objektiven Beurteilungskriterien zu erfolgen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung professionell Pflegende verpflichtet sind oder die sie auszustellen übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende treffen folgende zusätzliche Pflichten:
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sind im Rahmen der Aufsicht und Überwachung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nach den §§ 27 und 28 des Gesundheitsdienstgesetzes verpflichtet, dem Gesundheitsamt die hierfür notwendigen Auskünfte zu erteilen.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sowie deren Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich dieser Berufsordnung fallen, haben den Nachweis ihrer Kompetenzerhaltung entsprechend § 5 Nummer 2 Buchstabe e zu erbringen.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende können auf ihre Tätigkeit unter Angabe der von ihnen angebotenen Leistungen hinweisen.
Jede berufswidrige Werbung, insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung, ist freiberuflich tätigen professionell Pflegenden untersagt.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende haben die ihnen zustehenden Gebühren nach den einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Gebührenverordnungen zu berechnen.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende haben alle geltenden gesetzlichen Vorschriften, die ihren Bereich betreffen, zu befolgen. Auf der Grundlage der verschiedenen Bundes- und Landesgesetze beteiligen sie sich an Qualitätsentwicklungs- und -sicherungsmaßnahmen und weisen dies entsprechend den gesetzlichen Regelungen nach.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sind verpflichtet, sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu versichern.
Ordnungswidrig im Sinne des § 38 Absatz 1 Nummer 9 des Gesundheitsdienstgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
entgegen § 5 Nummer 1 Buchstabe b die zu pflegenden und zu betreuenden Menschen nicht in verständlicher und angemessener Weise über die beabsichtigten Pflegemaßnahmen, gegebenenfalls über deren Alternativen und über die Beurteilung des Pflegezustandes informiert,
entgegen § 5 Nummer 1 Buchstabe с die Ablehnung empfohlener Pflege- und Betreuungsmaßnahmen nicht respektiert,
entgegen § 5 Nummer 1 Buchstabe f nicht rechtzeitig andere Fachkräfte hinzuzieht, wenn die eigene Kompetenz zur Lösung der pflegerischen und therapeutischen Aufgabe nicht ausreicht,
entgegen § 5 Nummer 2 Buchstabe d die eigenverantwortliche Pflegetätigkeit nicht, nicht vollständig oder nicht unverzüglich dokumentiert,
entgegen § 5 Nummer 2 Buchstabe e nicht oder nicht in dem geforderten Umfang an kompetenzerhaltenden Maßnahmen teilnimmt oder die Teilnahme an den Maßnahmen nicht nachweisen kann,
entgegen § 6 geldwerte Leistungen außerhalb des Bagatellbereichs im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit annimmt,
entgegen § 8 Nummer 4 berufswidrig wirbt,
entgegen § 8 Nummer 7 sich nicht ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit versichert.
Professionell Pflegende aus der Altenpflege müssen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geeignete kompetenzerhaltende Maßnahmen nach § 5 Nummer 2 Buchstabe e in jedem Jahr im Umfang von mindestens zehn Punkten nachweisen.
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Berufsordnung für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger im Lande Bremen vom 1. Oktober 2004 (Brem.GBl. S. 516 - 2124-h-2), die zuletzt durch Artikel 1 Absatz 40 des Gesetzes vom 25. Mai 2010 (Brem.GBl. S. 349) geändert worden ist, außer Kraft.
(2) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Bremen, den 4. Februar 2011
Die Senatorin für Arbeit, Frauen,
Gesundheit, Jugend und Soziales