Die BremLBO erweitert den der Musterbauordnung (MBO-2012) entsprechenden und abschließend ausgestalteten Prüfkatalog des § 66 Absatz 3 und 4 zur bauaufsichtlichen Prüfung des Standsicherheits- und/oder Brandschutznachweises aufgrund bisheriger Praxiserfahrungen um eine Öffnungsklausel, von der jedoch nur im Rahmen eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Gebrauch gemacht werden soll.
§ 66 Absatz 3 Satz 2 BremLBO räumt der unteren Bauaufsichtsbehörde das Ermessen ein, im begründeten Einzelfall hinsichtlich des besonderen Risikopotenzials abweichend eine bauaufsichtliche Prüfung des Standsicherheitsnachweises einfordern zu können, selbst wenn dies auf Grundlage des Prüfkatalogs nicht erforderlich wäre. Ein vom Prüfkatalog des § 66 Absatz 4 abweichendes bauaufsichtliches Prüferfordernis für Brandschutznachweise wird hingegen aufgrund der bisherigen Erfahrungen aus der Genehmigungspraxis nicht gesehen, da die brandschutztechnischen Anforderungen an Regelbauten bis einschließlich der Gebäudeklasse 3 ablesbar der BremLBO zu entnehmen sind und in der Umsetzung bislang zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten geführt haben, welche die optionale Möglichkeit eines abweichenden Prüferfordernisses begründen würden.
§ 66 Absatz 5 Satz 2 ermöglicht es der unteren Bauaufsichtsbehörde, bei Vorhaben mit geringem Risikopotenzial und untergeordneter Bedeutung auf eine ansonsten auf Grundlage des Prüfkatalogs nach § 66 Absatz 3 Satz 1 oder Absatz 4 BremLBO erforderliche bauaufsichtliche Prüfung des Standsicherheits- und/oder Brandschutznachweises verzichten zu können. Bezugnehmend auf die Ermächtigungsgrundlage des § 84 Absatz 6 BremLBO sollen mit dieser Verwaltungsvorschrift durch die im nachfolgenden Rahmenkatalog genannten Anforderungen Hilfestellungen für eine sachgerechte Ermessensentscheidung der unteren Bauaufsichtsbehörden über die Anwendung der o.g. Vorschriften im konkreten Einzelfall gegeben werden. Dabei wird ein Regel-Ausnahmeermessen begründet. Die nachfolgend aufgeführten Ausnahmefälle bilden den Rahmen für abweichende Prüfverzichte oder Prüferfordernisse.
Sind die im Rahmenkatalog genannten Anforderungen erfüllt, kann bei der Ermessensausübung in der Regel davon ausgegangen werden, dass abweichend vom Prüfkatalog nach § 66 Absatz 3 oder 4 BremLBO eine nicht erforderliche Prüfung des Standsicherheitsnachweises dennoch eingefordert oder auf die ansonsten erforderliche bauaufsichtliche Prüfung des Standsicherheits- und/oder Brandschutznachweises verzichtet werden kann. Sofern Vorhaben im nachfolgenden Rahmenkatalog nicht aufgeführt sind, kann bei Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens nur in besonders begründeten Ausnahmefällen
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von einem Prüferfordernis nach § 66 Absatz 3 Satz 2 BremLBO ausgegangen werden, wenn mit dem Vorhaben eine dem Rahmenkatalog nach Ziffer 2 gleichzusetzende Gefahr verbunden ist oder - -
von einem Prüfverzicht nach § 66 Absatz 5 Satz 2 BremLBO ausgegangen werden, wenn dem Vorhaben ein vergleichbar geringes Risikopotential und eine vergleichbar untergeordnete Bedeutung beizumessen ist.
Diese Kriterien gelten für Neubauten, Erweiterungen, Umbauten, Nutzungsänderungen und Beseitigungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, die keine Gebäude sind.
Auf die besonderen formellen und materiellen Erleichterungen für das „Bremer Haus“ wird darüber hinaus mit einer typisierenden Ergänzung des § 2 Absatz 3 Satz 4 und 5 BremLBO hinsichtlich der Gebäudeklasseneinstufung reagiert. Mit der erfolgten Erweiterung des § 66 Absatz 4 BremLBO im Rahmen der „kleinen Änderungsnovelle“ vom 22. September 2020 (Brem.GBl. S. 963) ist zukünftig eine bauaufsichtliche Prüfung des Brandschutznachweises für alle Vorhaben der Gebäudeklasse 4, die keine Sonderbauten sind, ohne eine bisher notwendige Ermessensentscheidung treffen zu müssen (siehe bisherige Ziffer 3.2.1 der VV in der Fassung vom 10. September 2018; Brem.ABl.S.926) entbehrlich, wenn der Brandschutznachweis - 1.
von einer Prüfingenieurin oder einem Prüfingenieur für Brandschutz oder
- 2.
einer Brandschutzplanerin oder einem Brandschutzplaner
erstellt wurde und damit die Qualifikation der Aufstellerin oder des Aufstellers bedarfsgerecht erhöht wurde. Da hinsichtlich der Bauüberwachung § 80 Absatz 2 Nummer 2 entsprechend gilt, ist die mit dem Brandschutznachweis übereinstimmende Bauausführung von dieser Nachweiserstellerin oder diesem Nachweisersteller gegenüber der unteren Bauaufsichtsbehörde zu bestätigen.
Nach § 66 Absatz 4 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d; 2. Halbsatz BremLBO gelten bei vergleichbarer Qualifikation Eintragungen in die entsprechende Liste anderer Bundesländer auch im Land Bremen.
§ 84 Absatz 2a BremLBO ermächtigt die Architekten- und Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen, Regelungen über die Eintragung in die dort zu führende Liste der Brandschutzplanerinnen und Brandschutzplaner zu treffen. - a)
der Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen vom 11. November 2020 (Brem.ABl. S. 1226) und
- b)
der Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen vom 17. November 2020 (Brem.ABl. S. 1232)
wurden durch die oberste Bauaufsichtsbehörde am 27. November 2020 genehmigt und sind nach Bekanntmachung im Amtsblatt am 10. Dezember 2020 in Kraft getreten.
§ 66 Absatz 3 Satz 2 BremLBO räumt der Bauaufsichtsbehörde die neue Möglichkeit ein, abweichend von Satz 1 eine bauaufsichtliche Prüfung des Standsicherheitsnachweises fordern zu können, wenn dies auf Grundlage einer Risikobewertung aus Gründen der Gefahrenabwehr für erforderlich gehalten wird. Die vom Regelfall des Satzes 1 abweichende Durchführung einer bauaufsichtlichen Prüfung des Standsicherheitsnachweises schließt eine Bauüberwachung nach § 80 Absatz 2 Nummer 1 BremLBO ein. Die ergänzenden Anforderungen der Bremischen Verordnung über die Prüfingenieurinnen, Prüfingenieure und Prüfsachverständigen (BremPPV) einschließlich deren Vergütungsregelungen sind anzuwenden. Betroffen sind unter anderem Anwendungsfälle der vollständigen Beseitigung von Anlagen, bei denen es auf Grundlage des § 61 Absatz 3 Satz 3 BremLBO sachgerecht erscheint, ergänzend auch die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu fordern. Mögliche Vorhaben, die ein abweichendes Prüferfordernis rechtfertigen können, sind nachfolgend dargestellt. Die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde entscheidet darüber in der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen sind mit Bezug auf die genannten Anforderungen in der Bauakte darzustellen und dem Antragssteller oder der Antragstellerin zu offenbaren. Dies kann mit der Baugenehmigung, aber auch zuvor mit einer formlosen Mitteilung in schriftlicher oder elektronischer Form geschehen.
Eine entsprechende Prüfverpflichtung für die Bauaufsichtsbehörde besteht jedoch nicht. Der erforderliche Prüfauftrag an die Prüfingenieurin oder den Prüfingenieur für Standsicherheit darf erst erteilt werden, wenn die Bauherrin oder der Bauherr der Prüfung zugestimmt hat. Verweigert die Bauherrin oder der Bauherr ihre oder seine Zustimmung, hat die Bauaufsichtsbehörde ihr oder ihm einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu übersenden, sofern die Prüfverpflichtung nicht bereits als Auflage mit der Baugenehmigung festgesetzt wurde. Die Bauherrin oder der Bauherr kann diese Entscheidung dann auf dem Rechtsweg überprüfen lassen.
Die im nachfolgenden Rahmenkatalog genannten Anforderungen sollen eine einheitliche und sachgerechte Entscheidung über das Zutreffen eines vom Regelfall abweichenden Prüferfordernisses des Standsicherheitsnachweises ermöglichen. Sind die Anforderungen erfüllt oder wird darüber hinaus ein statisches Sicherheitsrisiko erkennbar, kann nach § 66 Absatz 3 Satz 2 BremLBO die Prüfung des Standsicherheitsnachweises im objektbezogenen Einzelfall veranlasst werden: