- 1.
- 1.1.
Durch Wolfsübergriffe entstehen Tierhalterinnen und Tierhaltern im Regelfall wirtschaftliche Belastungen, insbesondere durch Nutztierrisse. Das Land gewährt Billigkeitsleistungen nach § 53 LHO als freiwillige Zahlungen zum anteiligen Ausgleich der durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen. Auf die Gewährung der Billigkeitsleistung besteht kein Rechtsanspruch. Die Bewilligungsbehörde entscheidet über die Gewährung von Beihilfen aufgrund pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der zur Verfügung gestellten Mittel. Billigkeitsleistungen sind ausgeschlossen, wenn die wirtschaftlichen Belastungen von Dritten ausgeglichen oder finanziell unterstützt werden. - 1.2.
Billigkeitsleistungen werden im Einzelnen gewährt für
- 1.2.1.
den amtlich ermittelten Wert der durch den Wolf direkt getöteten Tiere sowie der infolge eines Wolfsübergriffs später verendeten oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere sowie der Verluste durch Verwerfen sowie Verletzungen bzw. Tod oder Verletzung der Tiere bei einer Flucht vor dem Wolf;
- 1.2.2.
Ausgaben für Tierarztkosten im Fall der Behandlung oder Einschläferung verletzter Tiere bis zur Höhe des jeweiligen Tierwertes einschließlich Kosten der Medikamente (Nachweis durch einzureichende Belege);
- 1.3.
Zahlungen gemäß den Nummern 1.2.1 und 1.2.2 erfolgen nur für Schafe, Ziegen, Gatterwild, Rinder sowie Pferde.
- 1.4.
Billigkeitsleistungen werden nicht für sonstige direkte oder indirekte Sach- und Personenschäden gewährt, die über die in den Nummern 1.2.1 und 1.2.2 genannten wirtschaftlichen Belastungen hinausgehen.
- 2.
- 2.1.
Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung sind natürliche und juristische Personen des Privatrechts sowie Personengesellschaften.
- 2.2.
Von einer Förderung ausgeschlossen sind:
- 2.2.1.
Unternehmen in Schwierigkeiten i. S. des Artikels 2 Nr. 18 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1; L 283 vom 27.9.2014, S. 65), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2023/1315 der Kommission vom 23. Juni 2023 (ABl. L 167 vom 30.6.2023, S. 1), sofern diese finanziellen Schwierigkeiten nicht durch das betreffende Schadensereignis gemäß Artikel 29 der Agrar-GVO verursacht wurden, sowie
- 2.2.2.
Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind,
- 2.2.3.
Unternehmen, die nicht die Voraussetzungen als Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemäß Anhang I der Agrar-GVO erfüllen.
- 3.
- 3.1.
- 3.1.1.
Eine amtliche Protokollierung der bei einem Wolfsübergriff getöteten, verletzten oder anderweitig beeinträchtigten, in Nummer 1.3 genannten Tiere ist für jeden Einzelfall erforderlich.
- 3.1.2.
Die Protokollierung erfolgt durch die von der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft bestellte regionale Wolfsberaterin oder den bestellten regionalen Wolfsberater.
- 3.1.3.
Durch die Nutztiere haltende Person ist umgehend nach Feststellung des Risses eine nach Nummer 3.1.2 befugte Person zur Protokollierung des Wolfsrisses einzuschalten. Die Kontaktdaten der regionalen Wolfsberaterinnen und Wolfsberater sind auf der Internetseite der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft veröffentlicht.
- 3.2.
- 3.2.1.
Eine amtliche Feststellung über den Wolf als Verursacher des Tierrisses bzw. der indirekt getöteten oder verendeten Tiere ist für jeden Einzelfall erforderlich.
- 3.2.2.
Die amtliche Feststellung nach Nummer 3.2.1 erfolgt durch die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft. Die Billigkeitsleistung wird nur gewährt, wenn der Wolf als Verursacher eindeutig erwiesen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.
- 3.2.3.
Die amtliche Feststellung nach Nummer 3.2.1 und 3.2.2 erfolgt in schriftlicher Form gegenüber der betroffenen Nutztierhalterin oder dem betroffenen Nutztierhalter.
- 3.3.
- 3.3.1.
Die amtliche Wertermittlung zu Nummer 1.2.1 i.V.m. Nummer 1.3 erfolgt durch die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft.
- 3.3.2.
Die amtliche Wertermittlung erfolgt nach tierbezogenen Pauschalbeträgen. Der maximale Höchstbetrag ist auf 5 000 EUR pro Tier beschränkt.
- 3.4.
- 3.4.1.
Billigkeitsleistungen werden grundsätzlich ohne Anforderungen an einen wolfsabweisenden Grundschutz gewährt.
- 3.5.
- 3.5.1.
Bestehende Melde- und Kennzeichnungspflichten der Tiere sind ordnungsgemäß zu erfüllen.
- 3.5.2.
Die Haltung der Nutztiere muss in Übereinstimmung mit den tierschutz- und tierseuchenrechtlichen Vorschriften stehen.
- 3.5.3.
Eine Nichteinhaltung der Anforderungen aus Nummer 3.5.1 oder 3.5.2 schließt die Gewährung einer Billigkeitsleistung aus.
- 4.
- 4.1.
Für die gemäß Nummer 1.1. i.V.m. Nummer 3.3 berücksichtigungsfähigen Vermögensnachteile werden Billigkeitsleistungen wie folgt gewährt:
- -
für den amtlich ermittelten Wert gemäß Nummer 1.2.1 i.V.m. Nummer 3.3 bis zu 100 %;
- -
für die indirekten Kosten gemäß den Nummern 1.2.2 bis zu 80 %.
- 4.1.1.
Die Höhe der jeweiligen Billigkeitsleistung nach dieser Richtlinie und sonstigen Ausgleichszahlungen für die Schäden, einschließlich der Zahlungen, die im Rahmen anderer nationaler oder unionsweiter Maßnahmen oder Versicherungspolicen für die Schäden geleistet werden, dürfen 100 % der direkten Kosten und 80 % der indirekten Kosten der Schäden nicht übersteigen.
- 4.1.2.
Die Billigkeitsleistung darf nicht zu einer Überfinanzierung des berücksichtigungsfähigen Vermögensnachteils führen. Im Antragsverfahren sind alle für den betreffenden Zweck erhaltenen, beantragten oder beabsichtigten Zuwendungen, Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen Dritter zu benennen.
- 4.2.
Die Zahlung der Billigkeitsleistung an die jeweilige Tierhalterin oder den jeweiligen Tierhalter ist auf maximal 30 000 EUR pro Jahr unter Beachtung der Tierwertgrenze gemäß Nummer 3.3.2 begrenzt.
- 4.3.
EU-beihilferechtliche Regelungen:
- 4.3.1.
Die Zahlung der Billigkeitsleistung gemäß Nummer 1.2 an ein Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb der landwirtschaftlichen Primärproduktion erfolgt unter Beachtung von Art. 29 Agrar-GVO.
- 4.3.2.
Billigkeitsleistungen unter Anwendung der Vorschriften der Agrar-GVO werden nur für Schäden binnen drei Jahren nach Eintritt des Schadensereignisses gewährt. Die Billigkeitsleistungen können nur binnen vier Jahren nach dem Zeitpunkt der durch die Tierart Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen ausgezahlt werden.
- 4.3.3.
Gemäß Art. 29 Abs. 6 der Agrar-GVO sind vom Betrag der Billigkeitsleistung etwaige Kosten abzuziehen, die der Beihilfeempfängerin oder dem Beihilfeempfänger nicht entstanden sind, ohne dass dies unmittelbar auf die durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen zurückzuführen wäre, und die anderenfalls angefallen wären.
- 4.3.4.
Die Zahlung von Billigkeitsleistungen an ein Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb außerhalb der landwirtschaftlichen Primärproduktion erfolgt als De-minimis-Beihilfe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Deminimis-Beihilfen (ABl. L 2023/2831 vom 15.12.2023) (De-minimis-VO).
- 5.
- 5.1.
Bewilligungsbehörde ist die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft.
- 5.2.
Anträge auf Billigkeitsleistungen sind schriftlich bei der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft zu stellen. Die beizufügenden Unterlagen ergeben sich aus dem Antragsvordruck, der bei der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft verfügbar ist.
Weitere Unterlagen können von der Bewilligungsbehörde im Einzelfall angefordert werden.
- 5.3.
Der Antrag auf Billigkeitsleistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach der gemäß Nummer 3.2.3 erfolgten amtlichen Feststellung zu stellen.
- 5.4.
Die Bewilligungsbehörde gewährt die Billigkeitsleistung durch schriftlichen Bescheid und veranlasst deren Auszahlung. Über die Verwendung der Billigkeitsleistung ist kein Nachweis vorzulegen.
- 5.5.
Die Bewilligungsbehörde veranlasst die Veröffentlichung der Informationen zu den Förderungen auf einer zentralen Beihilfe-Webseite, soweit die betreffenden Betragsschwellen überschritten sind (gemäß Art. 9 Agrar-GVO).
- 5.6.
Die Bewilligungsbehörde stellt die Aufbewahrung der vorgelegten Belege zur Ermittlung der Billigkeitsleistung für zehn Jahre sicher, beginnend ab dem Zeitpunkt der Bewilligung (gemäß Art. 13 Agrar-GVO).