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Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Verordnung vom 13. April 2021 (Brem.GBl. S. 418) |
(1) Die Verordnung gilt für alle Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen nach Maßgabe des § 4 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Bereitstellung einer geeigneten Kommunikationshilfe haben (Berechtigte). Die Verordnung gilt auch für die Kommunikation von hör- oder sprachbehinderten Erziehungsberechtigten nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder mit der Kindertagesstätte und der Schule. Die Ansprüche auf Kommunikationshilfen im Sozialleistungsverfahren, entsprechend des § 17 Absatz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, des § 82 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des § 19 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.
(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 9 Absatz 3 Satz 1 bis 4 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes gegenüber jedem Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 2 Absatz 1 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes geltend machen.
(1) Der Anspruch auf Bereitstellung einer geeigneten Kommunikationshilfe besteht zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren in dem dafür notwendigen Umfang. Der notwendige Umfang bestimmt sich insbesondere nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.
(2) Die Berechtigten haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. Dies umfasst auch das Recht, eine geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. Die Berechtigten haben dem Träger öffentlicher Gewalt rechtzeitig mitzuteilen, inwieweit sie von ihrem Wahlrecht nach Satz 1 und 2 Gebrauch machen. Der Träger öffentlicher Gewalt kann die ausgewählte Kommunikationshilfe zurückweisen, wenn sie ungeeignet ist oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entspricht. Die Hör- oder Sprachbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.
(3) Erhält der Träger öffentlicher Gewalt Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung von Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat er diese auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf ihr Wahlrecht nach Absatz 2 hinzuweisen.
(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie etwa Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann im Einzelfall von dem Einsatz einer Kommunikationshilfe abgesehen werden.
(1) Eine Kommunikationshilfe ist als geeignet anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt.
(2) Als Kommunikationshilfen kommen in Betracht:
Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher,
Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer,
Kommunikationsmethoden sowie
Kommunikationsmittel.
(3) Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach Absatz 2 Nummer 2 sind insbesondere
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher,
Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher,
Oraldolmetscherinnen und Oraldolmetscher,
Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten oder
sonstige Personen des Vertrauens der Berechtigten.
(4) Kommunikationsmethoden nach Absatz 2 Nummer 3 sind insbesondere
Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung.
(5) Kommunikationsmittel nach Absatz 2 Nummer 4 sind insbesondere
akustisch-technische Hilfen oder
grafische Symbol-Systeme.
(1) Geeignete Kommunikationshilfen werden von dem Träger öffentlicher Gewalt kostenfrei bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Recht nach § 2 Absatz 2 Satz 2 Gebrauch.
(2) Die bei dem Fachverband der Gehörlosen nach § 9 Absatz 3 Satz 5 des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes eingerichtete zentrale Stelle unterstützt den Träger öffentlicher Gewalt bei seiner Aufgabe nach Absatz 1.
(1) Der Träger öffentlicher Gewalt richtet sich bei der Entschädigung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfern nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
(2) Eine Vergütung in Höhe des Honorars für Dolmetscher, die gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes für simultanes Dolmetschen herangezogen worden sind, erhalten Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach § 3 Absatz 2 Nummer 2, in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 bis 3 mit nachgewiesener langjähriger Tätigkeit, abgeschlossener Berufsausbildung oder staatlicher Anerkennung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld.
(3) Eine Vergütung in Höhe von 75 Prozent der Vergütung nach Absatz 2 erhalten Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach § 3 Absatz 2 Nummer 2, in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 bis 3 mit nachgewiesener abgeschlossener Qualifizierung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld.
(4) Eine pauschale Abgeltung in Höhe von 25 Prozent der Vergütung nach Absatz 2, mindestens aber eine Abgeltung für die entstandenen Aufwendungen erhalten Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 4 bis 5 ohne nachgewiesene abgeschlossene Berufsausbildung oder Qualifizierung für das ausgeübte Tätigkeitsfeld.
(5) Für den Einsatz sonstiger Kommunikationshilfen trägt der Träger öffentlicher Gewalt die entstandenen Aufwendungen.
(6) Die Träger öffentlicher Gewalt können mit Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern sowie Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfern hinsichtlich der Vergütung und Abgeltung von den Absätzen 1 bis 4 abweichende Rahmenvereinbarungen treffen.
(7) Der Träger öffentlicher Gewalt vergütet die Leistungen unmittelbar denjenigen, die sie erbracht haben. Stellen die Berechtigten die Kommunikationshilfe nach § 2 Absatz 2 Satz 2 selbst bereit, trägt der Träger öffentlicher Gewalt die Kosten nach den Absätzen 1 bis 5 nur nach Maßgabe des § 2 Absatz 1. In diesem Fall dürfen die Berechtigten nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.