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Verwaltungsanweisung zu § 25 SGB XII - Erstattung von Aufwendungen Anderer - „Nothelfer-Paragraph“

Veröffentlichungsdatum:12.03.2024 Inkrafttreten12.03.2024 Bezug (Rechtsnorm)AufenthG 2004 § 68, SGB 10 § 102, SGB 12 § 18, SGB 12 § 23, SGB 12 § 25, SGB 12 § 48, SGB 12 § 82, SGB 12 § 90, SGB 12 § 98, SGB 12 § 106, SGB 5 § 264
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juris-Abkürzung:
Dokumenttyp: Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, Dienstanweisungen, Dienstvereinbarungen, Richtlinien und Rundschreiben
Dokumenttyp: Wappen Bremen
Gliederungs-Nr::
Normgeber:Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration
Erlassdatum:12.03.2024
Fassung vom:12.03.2024
Gültig ab:12.03.2024
Quelle:Wappen Bremen
Gliederungs-Nr:keine Angaben verfügbar
Normen:§ 68 AufenthG 2004, § 102 SGB 10, § 18 SGB 12, § 23 SGB 12, § 25 SGB 12, § 48 SGB 12, § 82 SGB 12, § 90 SGB 12, § 98 SGB 12, § 106 SGB 12, § 264 SGB 5
Verwaltungsanweisung zu § 25 SGB XII - Erstattung von Aufwendungen Anderer - „Nothelfer-Paragraph“

Verwaltungsanweisung zu § 25 SGB XII
-Erstattung von Aufwendungen Anderer-
„Nothelfer-Paragraph“

1
Allgemeines
2
Definition Nothelfer
3
Definition Eilfall
3.1
Bedarfsbezogenes Moment
3.2
Sozialhilferechtliches Moment
4
Prüfung der Leistungsberechtigung
4.1
Identitätsnachweis
4.2
Vorrangige Kostenträger
5
Zuständigkeit
6
Antrag und Frist
7
Inkrafttreten
1
Nach § 25 SGB XII besteht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Sozialhilfeträger, wenn jemand in einem Eilfall einem Anderen Hilfe gewährt hat, die der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis nach dem SGB XII gewährt haben würde. Die rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers muss von vornherein ausgeschlossen sein, d.h., dass der Sozialhilfeträger vom Nothelfer nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden kann.
In der Regel wird es sich um die Geltendmachung von Krankenhauskosten, Transportkosten zu einem Krankenhaus oder nicht verschiebbare, eilige ambulante Fälle handeln, die der Nothelfer in Notfallsituationen an die in Not geratenen Personen erbringt, die weder in der Betreuung der Krankenkassen nach § 264 SGB V stehen, noch Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind.
2
Ein Nothelfer kann jede natürliche oder juristische Person sein, die einer in Not geratenen Person Leistungen erbringt. Nur der Nothelfer selbst kann Ansprüche aus § 25 SGB XII geltend machen.
Nicht anspruchsberechtigt ist somit die in Not geratene Person selbst. Andere Sozialhilfe- oder Sozialleistungsträger können ebenfalls keinen Anspruch aus § 25 SGB XII geltend machen, da für sie die §§ 106 ff. SGB XII bzw. §§ 102 ff. SGB X Anwendung finden.
3
Der Anspruch eines Nothelfers auf Kostenerstattung setzt voraus, dass er der in Not geratenen Person in einem Eilfall Leistungen erbracht hat. Schon die Wörter „Eilfall“ und „rechtzeitig“ setzen voraus, dass der Mangel an Zeit das bestimmende Merkmal der Nothilfe ist. Ein Eilfall liegt vor, wenn
-
der Nothelfer sofort helfen musste (bedarfsbezogenes Moment)
-
und eine rechtzeitige Kenntnisnahme des Sozialhilfeträgers nicht möglich war (sozialhilferechtliches Moment).
3.1
Das bedarfsbezogene Moment ist erfüllt, soweit die Hilfe unaufschiebbar ist. Dies wird in der Regel ein medizinischer Notfall sein, der sofortige medizinische Hilfe voraussetzt (z.B. Folgen eines Unfalls, Herzinfarkt). Sofern die Hilfe so lange aufgeschoben werden kann, bis der Sozialhilfeträger rechtzeitig in Kenntnis gesetzt wird (z.B. zahnprothetische Behandlung, planbare Operation) handelt es sich nicht um einen Eilfall. Der Nothelfer trägt die materielle Beweislast dafür, dass ein Eilfall in Form eines medizinischen Notfalls vorgelegen hat. Die Notwendigkeit der sofortigen Hilfeleistung ist vom Nothelfer im Antragsbogen zu bescheinigen.
3.2
Das sozialhilferechtliche Moment ist erfüllt, soweit der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig über den Hilfefall informiert werden konnte. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn es sich um eine unaufschiebbare Hilfeleistung handelt, die an Wochenenden/Feiertagen, dem 24.12./31.12. oder nach Dienstschluss des Sozialhilfeträgers eintritt. Der Eilfall endet dann in der Regel am nächsten Tag der Dienstbereitschaft des Sozialhilfeträgers.
Es handelt sich um keinen Eilfall, wenn es dem Nothelfer möglich und zumutbar ist, den Sozialhilfeträger rechtzeitig vom Hilfefall in Kenntnis zu setzen. Dies ist grundsätzlich der Fall, wenn der Notfall innerhalb der Zeiten der Dienstbereitschaft des Sozialhilfeträgers auftritt.
Die generelle Dienstbereitschaft des Sozialhilfeträgers an Werktagen liegt in den Zeiträumen von

Montag-Donnerstag

00:01 – 17:00 Uhr

Freitag

00:01 – 15:00 Uhr

Sofern medizinische Versorgungsleistungen innerhalb dieser Dienstbereitschaftszeiten liegen, kann der Nothelfer keinen Anspruch nach § 25 SGB XII geltend machen. Hier muss die in Not geratene Person ihren eigenen Anspruch auf Leistungen realisieren. Erfolgt eine Einlieferung an einem Werktag nach der Dienstbereitschaftszeit, kommt § 25 SGB XII für diesen Tag zur Anwendung.
Bei der Notaufnahme eines Patienten ist ein Eilfall nicht automatisch für die gesamte Dauer der stationären Krankenhausbehandlung gegeben. Vielmehr sind die Voraussetzungen eines Eilfalles nur dann und nur solange erfüllt, wenn und wie es der hilfebedürftigen Person bzw. dem Krankenhausträger nicht möglich oder nicht zumutbar ist, den zuständigen Sozialhilfeträger über den Hilfefall zu unterrichten bzw. der Nothelfer ohne Verletzung eigener Obliegenheiten davon ausgehen durfte, den Sozialhilfeträger nicht einschalten zu müssen. In der Regel soll der Nothelfer den Sozialhilfeträger jedoch am nächstmöglichen Tag der Dienstbereitschaft über den Eilfall informieren.
Setzt der Nothelfer den Sozialhilfeträger erst verspätet in Kenntnis, kann somit trotzdem nur ein Anspruch für den Zeitraum entstehen, in dem es dem Nothelfer nicht möglich gewesen wäre, den Sozialhilfeträger in Kenntnis zu setzen.
Unterbleibt eine rechtzeitige Benachrichtigung des Sozialhilfeträgers nicht aus Gründen der Unvorhersehbarkeit und Eilbedürftigkeit der Hilfe, sondern infolge einer Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Lage der in Not geratenen Person durch den Nothelfer, so schließt dies einen Eilfall aus. Denn die Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände gehört insbesondere auch bei der Aufnahme von Notfallpatienten zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes. Das Risiko einer Fehleinschätzung wird dem Nothelfer nicht abgenommen.
Sobald der Sozialhilfeträger Kenntnis vom Hilfefall hat, liegen die Voraussetzungen des § 18 SGB XII vor. Ab diesem Zeitpunkt kann nur die in Not geratene Person allein ihren eigenen Sozialhilfeanspruch geltend machen. Der Anspruch des Nothelfers gem. § 25 SGB XII endet somit ab Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers.
4
Der Anspruch nach § 25 SGB XII setzt voraus, dass der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnisnahme der Leistungsberechtigung selbst geleistet hätte. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Kosten des Eilfalls nicht aus eigenem Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§§ 90 ff. SGB XII) bestritten werden können und es keinen vorrangigen Kostenträger gibt. Die Beweislast des Vorliegens eines Eilfalls, der Leistungsberechtigung der in Not geratenen Person sowie das Fehlen vorrangiger Verpflichteter trägt der Nothelfer. Es ist dem Sozialhilfeträger jedoch zuzumuten, sich fehlende Informationen, die er im Rahmen der Amtshilfe selbst beschaffen kann, einzuholen.
Die in Not geratenen Personen treffen zur Durchführung des Antrages nach § 25 SGB XII keine Mitwirkungspflichten. Sofern die in Not geratene Person keine Auskünfte, die für die Entscheidung über den Antrag des Nothelfers notwendig sind, erteilt, und der Sozialhilfeträger sich die fehlenden Informationen nicht eigenständig durch Amtshilfeersuchen beschaffen kann, ist der Antrag des Nothelfers abzulehnen. Denn eine Nichtaufklärbarkeit des Sachverhaltes geht zu Lasten des Nothelfers.
Eine Erstattung kann erfolgen, wenn ein Eilfall vorgelegen hat und aus den Aktenunterlagen einwandfrei hervorgeht, dass zum Zeitpunkt des Eilfalls die Voraussetzungen für die Gewährung von Krankenhilfe nach §§ 48 ff. SGB XII erfüllt gewesen wären und kein vorrangiger Leistungsanspruch z.B. gegen eine Krankenkasse oder einer Unfallversicherung bestand.
Ein Anspruch auf Krankenhilfe kann sich auch aus den sog. Überbrückungsleitungen gem. § 23 Abs. 3 S. 3 ff. SGB XII ergeben. Der Anspruch auf Überbrückungsleistung umfasst u.a. auch die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen. Lt. BSG ist für Fallkonstellationen, die eine medizinische Notfallbehandlung voraussetzen, ein Ausreisewille bzw. eine Ausreisebereitschaft nicht erforderlich. Bei medizinischen Notfällen liegt eine besondere Härte immer vor, sodass nicht relevant ist, ob die zu behandelnde Person in den letzten zwei Jahren bereits Überbrückungsleistungen in Anspruch genommen hat (s. BSG – B 8 SO 11/22 R).
4.1
Zur Überprüfung eines Leistungsanspruchs ist es zwingend erforderlich, dass die Kopie eines gültigen Identitätsnachweises der in Not geratenen Person vom Nothelfer eingereicht wird. Ersatzweise reicht ein abgelaufener Identitätsnachweis aus, sofern die Identität mithilfe eines aktuellen Fotos verglichen werden kann.
4.2
Vorrangige Kostenträger können insbesondere sein
• Gesetzliche oder Private Krankenversicherung
• Ausländische Krankenversicherung
• Auslandsreise-Krankenversicherung
• Unfallversicherung
• Vorliegen einer gültigen § 264 SGB V-Betreuung
• Abgegebene Verpflichtungserklärung gem. § 68 AufenthG
5
Zuständiger Kostenträger ist gem. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII zunächst der Sozialhilfeträger, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die in Not geratene Person tatsächlich aufhält. Da es sich bei § 25 SGB XII stets um einen Eilfall handeln muss, hat der nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständige Sozialhilfeträger gem. § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII über die Leistungen unverzüglich zu entscheiden und vorläufig zu erbringen. Das gilt auch dann, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem anderen Zuständigkeitsbereich besteht (B 8 SO 9/13 R – 1. Orientierungssatz). Der Nothelfer soll nicht mit der Frage der Zuständigkeitsregelungen innerhalb der Sozialverwaltung belastet werden. Die Erstattungsregelungen für stationäre Hilfe in Eilfällen stellen gem. § 106 Abs. 1 SGB XII ausreichend sicher, dass dem vorläufig eintretenden Träger am Ort der stationären Einrichtung aus der Vorleistung keine finanziellen Nachteile entstehen.
Wird die in Not geratene Person, um ihr in einem Eilfall zu helfen, vor einem (möglichen) Einsetzen von Sozialhilfe über die Zuständigkeitsgrenzen mehrerer örtlich zuständiger Sozialhilfeträger hinweg transportiert, aktualisiert sich die Eilfallzuständigkeit nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII jeweils neu. Die Zuständigkeitsregelungen gelten sowohl für ambulante als auch für stationäre Eilfälle.
Besteht nach dem Eilfall ein Anspruch auf Sozialhilfe, gelten hierfür wieder die regulären Zuständigkeitsregelungen des § 98 SGB XII.
6
Der Erstattungsanspruch setzt einen Antrag des Nothelfers voraus. Dieser ist jedoch von der vorherigen rechtzeitigen und zumutbaren Benachrichtigung des Nothelfers über den Eilfall (s. sozialhilferechtliches Moment) zu unterscheiden.
Für die Antragstellung des Nothelfers ist der Antragsvordruck Antrag auf Kostenübernahme gem. § 25 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – Nothelfer- vollständig vom Nothelfer sowie der in Not geratenen Person auszufüllen und ein Identitätsnachweis beizufügen.
Die Angaben im Antragsbogen zu den Lebensumständen der in Not geratenen Person reichen für den Anspruch des Nothelfers zunächst aus, sofern diese plausibel dargestellt sind und keine anderweitigen Erkenntnisse vorliegen. Die bloße Angabe, es bestehe Mittellosigkeit, genügt jedoch nicht. Ein Nachweis der Angaben (außer dem des Identitätsnachweises) ist bei plausiblen und vollständigen Angaben insofern nicht zwingend erforderlich. Sollte sich ab Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers jedoch ein eigener Leistungsanspruch der in Not geratenen Person ergeben, ist ein eigenes Antragsverfahren mit erforderlichen Nachweisen einzuleiten.
Nach § 25 S. 2 SGB XII sind die Aufwendungen zu erstatten, wenn sie innerhalb einer angemessenen Frist beantragt werden. Die Frist beginnt hier mit dem Ende des Eilfalls und beträgt regelmäßig aufgrund der Verwaltungspraktikabilität einen Monat.
7
Diese Verwaltungsanweisung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und ersetzt vollständig die Verwaltungsanweisung vom 01.01.2005.

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