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Verwaltungsanweisung (VAnw) zu § 91 SGB XII
Darlehen
Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.
Die Verwaltungsanweisung gilt für Personen, die Leistungen nach den Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) beantragen.
Der § 91 regelt den Umgang mit Hilfen nach dem SGB XII, wenn die nachfragende Person grundsätzlich über einzusetzendes Vermögen nach § 90 verfügt.
Die Regelung gilt für alle Hilfearten des SGB XII.
„Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden.
Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.“
Vor Anwendung der Härteregelung des § 91 ist zu prüfen, ob nicht bereits eine Härte nach § 90 Abs. 3 vorliegt. Wenn dies zutrifft, ist die Anwendung des § 91 ausgeschlossen.
Gesetzlich sind zwei Möglichkeiten genannt, unter denen eine darlehensweise Hilfegewährung in Betracht kommt:
Eine Härte im Sinne des § 91 liegt immer dann vor, wenn ein sofortiger Einsatz des Vermögens einer wirtschaftlichen Verhaltensweise widerspräche. Das ist z.B. der Fall bei einem Verkauf von Wertpapieren oder einer Lebensversicherung mit hohem Verlust (niedriger Kurs bzw. Rückkaufswert).
Ist ein Hausgrundstück einzusetzen, ist grundsätzlich eine Härte anzunehmen, solange es der nachfragenden Person oder Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft als Wohnung dient. Eine Härte kann aber auch in den persönlichen Verhältnissen der nachfragenden Person oder Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft liegen (z.B. schwere Krankheit).
Die Frage, ob es sich bei Vermögen von leistungsbegehrenden Personen um geschütztes oder nicht geschütztes, verwertbares Vermögen handelt, wird im Rahmen der Prüfung des § 90 abschließend festgestellt. Ebenso die Frage, ob die Verwertung oder der Einsatz des Vermögens einen Härtefall nach § 90 Abs. 3 darstellt.
Wenn bei der abschließenden Prüfung des Vermögens nach § 90 festgestellt wird, dass es sich um nicht geschütztes Vermögen handelt, stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung möglich sind oder ob der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung eine Härte im Sinne des § 91 darstellen.
Ob eine zeitnahe Verwertung von vorhandenem Vermögen möglich ist, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Dabei ist jeder Fall als Einzelfall zu behandeln. Es ist eine Prognoseentscheidung zu treffen, die in der Leistungsakte zu dokumentieren ist.
Für die Prognose ist auf einen Zeitraum von 12 Kalendermonaten abzustellen, wobei der Zeitraum mit der Antragstellung beginnt (BSG Urt. v. 27.1.2009 – B 14 AS 42/07 R, BSG Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R). Orientierung bietet § 44 Abs. 3, der für Leistungen nach dem 4 Kapitel einen Bewilligungszeitraum von i.d.R. 12 Monaten vorgibt. Der Prognosezeitraum ist für Leistungen der Kapitel 3 sowie 5 bis 9 gleichermaßen zu Grunde zu legen.
Ist die erste Prognosefrist abgelaufen, so hat eine Prüfung für den Zeitraum stattzufinden. Ergibt sich nach der ersten Prognosefrist kein konkreter Zeitrahmen für eine Verwertbarkeit von vorhandenem Vermögen, ist von einer Nichtverwertbarkeit auszugehen. Das hat zur Folge, dass ein bis dahin gewährtes Darlehen in eine Beihilfe (Zuschuss) umzuwandeln ist. Sogenannte „Kettendarlehen“ sind nicht zulässig. Liegen die Hinderungsgründe jedoch im Verhalten der darlehensnehmenden Person begründet (z.B. fehlende Bemühungen hinsichtlich der Verwertung), so kommt nur eine Darlehensgewährung in Betracht.
Sofern die Hilfebedürftigkeit andauert, ist eine neue Prognoseentscheidung für die Dauer des nächsten Bewilligungszeitraumes, unter Würdigung der bisherigen Erkenntnisse, erforderlich.
Sollte eine Verwertung generell nicht absehbar sein, ist die Sozialhilfe als Beihilfe (Zuschuss) zu erbringen. Die Prognoseentscheidung ist zu dokumentieren, da sie gerichtlich voll überprüfbar ist.
Die Obergrenze für die Gewährung des Darlehens bildet der Betrag, der bei einer Verwertung des Vermögens realistisch zu erzielen ist (BeckOGK/Dankelmann SGB XII § 91 Rn. 27).
Wird Sozialhilfe als Darlehen nach § 91 erbracht, so muss die darlehensweise Leistungsform beendet werden, wenn die Belastungen den Wert des Vermögensgegenstandes erreicht haben. Bei der Feststellung des Wertes des Vermögens ist vom Wert abzüglich der Belastungen auszugehen.
Die Leistung in Form eines Darlehens nach § 91 SGB XII kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird (§ 91 Satz 2).
Dies können beispielsweise sein: Hypothek, Bürgschaft, Sicherungsübereignung oder die Abtretung von Forderungen.
Über die Art der Sicherung ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Bei Hausgrundstücken ist grundsätzlich eine dingliche Sicherung erforderlich. Die Entscheidung über die gewählte Art der Sicherung ist zu dokumentieren.
Sollte der/die Darlehensnehmer:in bisher aufgrund einer Erbschaft nur als Erbengemeinschaft als Eigentümer im Grundbuch stehen, kann zu seinen/ihren Lasten keine dingliche Sicherung eingetragen werden. Hierzu ist zunächst eine Erbauseinandersetzung nötig, wonach dann jeder Erbe mit seinen Bruchteilen als Eigentümer im Grundbuch steht.
Lehnt die nachfragende Person das rechtsfehlerfreie Angebot ab, die Hilfe nur als dinglich oder in anderer Weise (schuldrechtlich) gesichertes Darlehen zu gewähren, kann die Hilfegewährung abgelehnt werden.
Die reguläre monatliche darlehensweise Leistungsbewilligung der beantragten Hilfen nach dem SGB XII erfolgt als Verwaltungsakt über das Fachverfahren.
Die Darlehensbedingungen und Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen sind entsprechend zu begründen und zu bescheiden.
Bei einer Darlehensgewährung aufgrund von verwertbaren Grundstücken und/oder Immobilien sind die Darlehensbedingungen und Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zu regeln und richten sich nach den Vorschriften der §§ 53 ff SGB X.
Insbesondere wegen der Sicherung des Rückforderungsanspruchs ist die Gewährung des Gesamtdarlehens, mit Bezug auf Verwaltungsakt, durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zu vereinbaren.
Ein Darlehensvertrag kann ausschließlich mit der leistungsbegehrenden Person geschlossen werden, nicht mit deren Angehörigen oder Unterhaltspflichtigen. Sofern die leistungsbegehrende Person nicht selbst Vermögen hat, jedoch eine in der in § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Mitglieder der Einsatzgemeinschaft Vermögen einzusetzen hat, ist die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs mit dem vermögenden Mitglied der Einsatzgemeinschaft zu regeln. Empfangende Person des Darlehensbescheides nach § 91 ist jedoch die leistungsberechtigte Person.
Zwingende Bestandteile des Darlehensvertrages (V34d), der für die dingliche Sicherung unerlässlich ist, sind folgende Bestandteile:
Sollte z.B. bei einem Ehepaar nur eine Person hilfebedürftig sein, so kann auch lediglich die hilfebedürftige Person Vertragspartner:in sein.
Um den beschriebenen Anforderungen Rechnung zu tragen, ist der Vordruck V34d zwingend zu verwenden.
Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag ist die Schriftform vorgeschrieben.
Für die Eintragung der Sicherungshypothek ist das Rechtsreferat bei SASJI zuständig. Folgende Unterlagen sind an das Rechtsreferat zu übermitteln:
Bei Fälligkeit der Forderung ist der Rückzahlungsanspruch durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Die Rückzahlung erfolgt in der Regel aus dem vorhandenen Vermögen. Verstirbt der/die Darlehensnehmer:in, ist die Forderung als Nachlassverbindlichkeit gegen den/die Erben geltend zu machen.
Wird Sozialhilfe als Darlehen nach § 91 erbracht, so ist die Gewährung nicht zu verzinsen (BSG Urt. v. 27.5.2014 – B 8 SO 1/13 R); unabhängig davon, ob es in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder eines Verwaltungsaktes geschieht. Entsprechend des Darlehensvertrages (vgl. hierzu § 6 des Darlehensvertrages) wird das Darlehen (der Restbetrag) bei Hausverkauf oder nach dem Versterben der Darlehensnehmer verzinst. Vor dem Versterben kann jederzeit die Tilgung zinslos erfolgen.
Soll die Sicherungshypothek gelöscht werden, gehen die Anträge hierzu zumeist im Rechtsreferat ein. Dieses benötigt vom AfSD eine schriftliche Auskunft darüber, ob das Darlehen zwischenzeitlich vollständig getilgt worden ist oder ob noch ein Restbetrag offen ist. Hierzu ist die Akte mit den entsprechenden Angaben/Vermerken/Berechnungen und einem in SAP angelegtem Kassenzeichen an das Rechtsreferat zu übersenden.
Diese Verwaltungsanweisung tritt ab sofort in Kraft und hebt die bisherige Fachliche Weisung zu § 91 SGB XII vom 01.01.2005 auf.