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abgeschlossen Umgang mit Wissenschafts-Ghostwriting an der Universität Bremen (ID 165671)

Eingegangen am:12.04.2021
Zuständige Stelle:Die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft
Status:Abgeschlossen
Informationszugang:Informationszugang wurde gewährt
Titel:Umgang mit Wissenschafts-Ghostwriting an der Universität Bremen

Studierende sind den Prüfungsordnungen der Hochschulen entsprechend verpflichtet, ihren schriftlichen Leistungs- und Qualifikationsnachweisen eine ehrenwörtliche Erklärung, manchmal auch eine Versicherung an Eides statt, anzufügen. Dabei müssen die Studierenden im Rahmen ebendieser Erklärung stets die Selbstständigkeit der zur Korrektur und Benotung eingereichten Qualifikationsleistung, aber auch das regelkonforme, gute wissenschaftliche Arbeiten garantieren. – Die Prüfungskandidat*innen sichern damit zu, die Leistung eigenständig (Ausschluss von Ghostwriting) als auch der guten wissenschaftlichen Praxis folgend (Ausschluss von erheblichen Zitationsverstößen beziehungsweise Plagiaten) erarbeitet zu haben. Besonders Plagiatsfälle sind in den letzten Jahren zahlreich in die öffentliche Wahrnehmung geraten, aber was unternehmen die deutschen Hochschulen eigentlich gegen den rasant wachsenden Ghostwriting-Markt für akademische Qualifikationsarbeiten, bei denen Studierende die Arbeitslast – gegen Bezahlung – an eine Ghostwriting-Agentur abgeben, welche die Erstellung der Studienleistung dann als Dienstleistung besorgt?

Konkret drängen sich hinsichtlich des Wissenschafts-Ghostwritings folgende Fragen auf:
1. Ist an der Universität Bremen das akademische Ghostwriting als Täuschung des Hochschulbetriebes grundsätzlich ein Debatten-Thema; etwa in den Gremien, der Hochschulleitung sowie der Studierendenschaft?
2. Welche Konzepte und Maßnahmen hält die Universität Bremen bereit, um dem Wissenschafts-Ghostwriting vorzubeugen?
3. Gibt es für die Studierenden und das Kollegium entsprechend thematische Handreichungen?
4. Wie würden Fälle akademischen Ghostwritings an der Universität Bremen sanktioniert werden?
5. Sind an der Universität Bremen bereits Fälle akademischen Ghostwritings publik geworden? Wenn ja: Wie hat die Hochschule davon erfahren und welche konkreten Sanktionen wurden verhängt?

Dies ist ein Antrag auf Aktenauskunft nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (BremIFG) sowie § 3 Abs. 3 Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG), soweit die Weiterverwendung aller bei öffentlichen Stellen vorhanden Informationen betroffen sind, sowie § 1 Abs. 1 des Umweltinformationsgesetzes für das Land Bremen (BremUIG), soweit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Umweltinformationsgesetzes des Bundes (UIG) betroffen sind, sowie § 1 des Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Verbraucherinformationen im Sinne des § 2 Abs. 1 VIG betroffen sind.

Sollte die Aktenauskunft wider Erwarten gebührenpflichtig sein, bitte ich Sie, mir dies vorab mitzuteilen und dabei die Höhe der Kosten anzugeben.

Ich verweise auf § 7 Abs. 6 BremIFG/ § 4 Abs. 1 IWG/ § 3 Abs. 3 Nr. 1 UIG/ § 5 Abs. 2 VIG und möchte Sie bitten, mir die erbetenen Informationen unverzüglich, jedoch spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen.

Sollten Sie für diesen Antrag nicht zuständig sein, bitte ich Sie, ihn an die zuständige Behörde weiterzuleiten und mich darüber zu unterrichten. Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an Dritte.

Ich bitte Sie um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail). Ich möchte Sie um eine Empfangsbestätigung bitten und danke Ihnen für Ihre Mühe!

Mit freundlichen Grüßen



Bemerkung:

1. Ist an der Universität Bremen das akademische Ghostwriting als Täuschung des Hochschulbetriebes grundsätzlich ein Debatten-Thema; etwa in den Gremien, der Hochschulleitung sowie der Studierendenschaft?
Das Thema wird in der Runde der Studiendekan:innen regelmäßig aufgegriffen. Im Zuge der aktuell notwendigen weitest gehenden Umstellung auf Online-Prüfungen sind Angebote von Ghostwriting bekannt geworden und in den Gremien diskutiert worden. Frühere Diskussionen waren eingebettet in die Themenkomplexe „Umgang mit Plagiaten“ (Einführung einer Plagiatssoftware in 2019) oder „Gute Wissenschaftliche Praxis“. Hierzu hat die Universität eine Ordnung (https://www.uni-bremen.de/rechtsstelle/service/wissenschaftliches-fehlverhalten), die im Akademischen Senat diskutiert und beschlossen wurde. Diese Ordnung stellt vorrangig auf das wissenschaftliche Personal ab, insbesondere bei der Beschreibung von Verfahren, gleichzeitig bezieht sich ihr Geltungsbereich auf alle Mitglieder der Universität. Im Falle von Studierenden sind keine gesonderten Verfahrensbeschreibungen in dieser Ordnung notwendig, da dies durch die Prüfungsordnungen abgedeckt wird. Die Prüfungsausschüsse der Universität befassen sich regelmäßig mit allen Formen der Täuschung und somit auch mit dem Thema Ghostwriting. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Prävention.
Diskussionen in der Studierendenschaft sind nicht bekannt. Studierende sind aber im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung im AS, den Prüfungsausschüssen sowie in der Kommission zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens vertreten.

2. Welche Konzepte und Maßnahmen hält die Universität Bremen bereit, um dem Wissenschafts-Ghostwriting vorzubeugen?
In Klausuren wird üblicherweise eine Identitätskontrolle vorgenommen. Für sonstige schriftliche Arbeiten ist es notwendig, eine Eigenständigkeitserklärung zu unterzeichnen (Urheberrechtliche Erklärung, Erklärung zur Veröffentlichung von BA-/MA-Arbeiten, Erklärung zur elektronischen Überprüfung auf Plagiate: https://www.uni-bremen.de/zpa/formulare). Für digitale Fernprüfungen steht eine Eigenständigkeitserklärung zur Verfügung unter https://www.uni-bremen.de/zmml/lehre-digital/online-pruefungen .
Wissenschaftliches Arbeiten wird in allen Studiengängen von Beginn an thematisiert und mit „guter wissenschaftlicher Praxis“ verknüpft. Die Studierwerkstatt bietet Seminare zur Vorbereitung und Bewältigung von Prüfungen an und durch das Studierendenwerk gibt es außerdem Beratungsangebote bei Prüfungsangst. Die Befähigung der Studierenden sieht die Universität Bremen als ebenso wichtig an wie die Aufklärung über die Konsequenzen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (wie Ghostwriting).
Die Universität Bremen setzt darüber hinaus auf kompetenzorientierte Prüfungen und arbeitet sukzessive an der Umstellung auf Prüfungsformen, die weniger anfällig für Täuschungsversuche aller Art sind (z.B. Lern-Portfolios).

3. Gibt es für die Studierenden und das Kollegium entsprechend thematische Handreichungen?
In einigen Fachbereichen gibt es Leitfäden zum wissenschaftlichen Arbeiten, die das Thema für die Studierenden (und auch das Kollegium) aufbereiten. Oftmals orientieren sich die Fächer an den Standards ihrer jeweiligen Fachgesellschaften und geben diese individuell oder auf Studiengangsebene an die Studierenden weiter.

4. Wie würden Fälle akademischen Ghostwritings an der Universität Bremen sanktioniert werden?
Wir haben bei der Täuschung keine Abgrenzung zwischen Spickzettel, Abschreiben, Plagiat oder Ghostwriting.
Hier die rechtlichen Vorgaben:
Allgemeiner Teil der Bachelor- und Masterprüfungsordnungen der Universität Bremen
§ 18 Täuschung und Ordnungsverstoß
(1) Versucht eine Kandidatin/ein Kandidat, das Ergebnis einer Prüfung durch Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu beeinflussen, fertigt die/der zuständige Prüfende oder die/der Aufsichtführende hierüber einen Vermerk an. Die Kandidatin/der Kandidat kann die Prüfung fortsetzen. Der Kandidatin/dem Kandidaten ist Gelegenheit zur Stellungnahme über das Vorkommnis zu geben. Der Vermerk und die Stellungnahme sind unverzüglich dem Prüfungsausschuss zur Entscheidung vorzulegen. Stellt der Prüfungsausschuss einen Täuschungsversuch fest, gilt die Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ bewertet.
(2) Fehlerhafte oder unterlassene Angaben über benutzte Quellen (Plagiat) gelten als Täuschungsversuch, wenn Passagen, die veröffentlichten Arbeiten entnommen wurden, nicht als Zitat ausgewiesen sind.
(3) Eine Kandidatin/ein Kandidat, die/der während einer Prüfung schuldhaft einen Ordnungsverstoß begeht, durch den andere Studierende oder die Prüfenden gestört werden, kann von den anwesenden Prüfenden oder den Aufsichtführenden von der Fortsetzung der Prüfungsleistung ausgeschlossen werden, wenn sie/er ihr/sein störendes Verhalten trotz Ermahnung fortsetzt.
Über das Vorkommnis wird ein Vermerk angefertigt, der unverzüglich der/dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vorgelegt wird. Vor Feststellung des Prüfungsausschusses, ob ein Ordnungsverstoß vorliegt, ist der Kandidatin/dem Kandidaten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Stellt der Prüfungsausschuss einen Ordnungsverstoß nach Satz 1 fest, wird die Prüfung mit „nicht ausreichend“ bewertet. Andernfalls ist der Kandidatin/dem Kandidaten Gelegenheit zu geben, die Prüfungsleistung unverzüglich erneut zu erbringen.
(4) Belastende Entscheidungen des Prüfungsausschusses sind der Kandidatin/dem Kandidaten unverzüglich schriftlich mitzuteilen, zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

Weitere Sanktionsmaßnahmen sind im Bremischen Hochschulgesetz (BremHG) geregelt:
§ 42 (4) BremHG
Studierende, die mehrfach oder in besonders schwerwiegender Weise vorsätzlich gegen eine die Täuschung über Prüfungsleistungen betreffende Regelung einer Hochschulprüfungsordnung verstoßen, werden in der Regel exmatrikuliert.
§ 42 (6) BremHG
Mit der Exmatrikulation nach Absatz 4 ist eine Frist von in der Regel zwei Jahren festzusetzen, innerhalb derer eine erneute Immatrikulation an einer Hochschule im Geltungsbereich des Bremischen Hochschulgesetzes ausgeschlossen ist.
Für Promotionen und Habilitationen wird die Ungültigkeit der Promotionsleistung wegen Täuschung (Plagiat) in den jeweiligen Promotionsordnungen der Fachbereiche geregelt. Ebenso wird der Entzug der Lehrbefugnis bei Erlangung durch Täuschung in der Habilitationsordnung geregelt.

5. Sind an der Universität Bremen bereits Fälle akademischen Ghostwritings publik geworden? Wenn ja: Wie hat die Hochschule davon erfahren und welche konkreten Sanktionen wurden verhängt?
An der Universität Bremen gibt es Fälle von Täuschungen, die zur Zwangsexmatrikulation geführt haben, darunter waren bisher keine Fälle von akademischen Ghostwriting.