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Rahmenrichtlinie
gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 BremAG SGB IX (Eingliederungshilferecht)
Leistungen zur sozialen Teilhabe – Fahrtkosten als Besuchsbeihilfen
gemäß §§ 115 i. V. m. 113 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Neuntes
Buch (SGB IX)
Rahmenrichtlinie
1. Vorbemerkungen
2. Rechtsgrundlage
3. Ziel der Besuchsbeihilfe
4. Leistungsvoraussetzungen für die Besuchsbeihilfe
4.1 Definition der Besuchsbeihilfe
4.2 Leistung zur sozialen Teilhabe
4.3 Leistungen bei einem oder mehreren Anbietern über Tag und Nacht
4.4 Leistungsberechtigte oder ihren Angehörigen
4.5 Gegenseitiger Besuch
4.6 Erforderlichkeit
4.6.1 Leistungsberechtigte Person und Angehörige leben innerhalb des Landes Bremens
4.6.2 Leistungsberechtigte Person lebt im Land Bremen, angehörige Personen leben außerhalb des Landes Bremens
4.6.3 Leistungsberechtigte Person lebt außerhalb des Landes Bremens, angehörige Personen leben im Land Bremen
4.6.4 Leistungsberechtigte Person lebt außerhalb des Landes Bremens, angehörige Personen leben außerhalb des Landes Bremens
4.6.5 Umfang der Besuchsbeihilfe (Häufigkeit der Fahrten)
4.6.6 Erforderlichkeit im Einzelfall
5. Ermessen
6. Abgrenzung von Besuchsbeihilfen zu anderen Leistungen
7. Örtliche Zuständigkeit
8. Einkommen und Vermögen
9. Bescheid und Nachweisverfahren
10. Bestandsfälle
11. Inkrafttreten
Die Übernahme von Kosten für den gegenseitigen Besuch (sogenannte Familienheimfahrten) war bislang in § 54 Abs. 2 SGB XII geregelt. Seit 01.01.2020 ist die Leistung lediglich redaktionell verändert als Besuchsbeihilfe in § 115 SGB IX geregelt.
Rechtsgrundlage der Leistung ist § 115 i. V. m. §§ 113 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 9 SGB IX. Es handelt sich um eine Leistung zur sozialen Teilhabe im Sinne von §§ 113, 76 SGB IX.
Die Besuchsbeihilfe dient der Aufrechterhaltung der familiären oder engeren sozialen Beziehungen zu Angehörigen.
4. Leistungsvoraussetzungen für die Besuchsbeihilfe
Werden Leistungen bei einem oder mehreren Anbietern über Tag und Nacht erbracht, können der leistungsberechtigten Person oder ihren Angehörigen zum gegenseitigen Besuch Beihilfen gemäß § 115 SGB IX geleistet werden, soweit es im Einzelfall erforderlich ist.
4.1 Definition der Besuchsbeihilfe
Unter einer Besuchsbeihilfe im Sinne dieser Rahmenrichtlinie werden ausschließlich Beförderungskosten verstanden, die der leistungsberechtigten Person oder ihren Angehörigen zum gegenseitigen Besuch entstehen.
4.2 Leistung zur sozialen Teilhabe
Leistungen zur sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.
Hierzu gehört, Leistungsberechtigten zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen.
4.3 Leistungen bei einem oder mehreren Anbietern über Tag und Nacht
Leistungen über Tag und Nacht werden in besonderen Wohnformen und in Einrichtungen für Minderjährige (Einrichtungen zur sozialen Teilhabe) erbracht. Auch bei Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie nach §§ 113 Abs. 2 Abs. Nr. 2 SGB IX i. V. m. 80 SGB IX handelt es sich um Leistungen über Tag und Nacht.
Als Leistungen über Tag und Nacht zählen im Land Bremen u. a. auch folgende Wohnangebote:
Außerhalb einer bWf für Erwachsene, einer Einrichtung für Minderjährige, einer Pflegefamilie nach §§ 113 Abs. 2 Abs. Nr. 2 SGB IX i. V. m. 80 SGB IX oder einem der beiden vorgenannten Wohnangebote kommen Besuchsbeihilfen nach § 115 SGB IX nicht in Betracht.
4.4 Leistungsberechtigte oder ihren Angehörigen
Leistungsberechtigt sind Personen, die zum Personenkreis des § 99 SGB IX zählen und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen des § 115 SGB IX erfüllen und ihre Angehörigen.
Angehörige sind die in § 16 Abs. 5 SGB X genannten Personen.
Die Angabe, dass es sich um Angehörige handelt, ist im Einzelfall zu plausibilisieren.
Angehörige erhalten nur dann Besuchsbeihilfen, wenn die leistungsberechtigte Person die Besuche wünscht und mit diesen einverstanden ist.
Zweck der Besuchsbeihilfe ist der gegenseitige Besuch. Die Besuchsbeihilfe kommt nicht für andere Zwecke in Betracht.
Die Besuchsbeihilfe kann sowohl für einen Besuch der leistungsberechtigten Person bei ihren Angehörigen, als auch für einen Besuch der Angehörigen bei der leistungsberechtigten Person gewährt werden.
Besuchsbeihilfen können geleistet werden, soweit es im Einzelfall erforderlich ist.
Es wird zwischen vier Fallkonstellationen unterschieden:
4.6.1 Leistungsberechtigte Person und Angehörige leben innerhalb des Landes Bremens
Sowohl die leistungsberechtigte Person, als auch die besuchenden/ zu besuchenden Angehörigen leben im Land Bremen. Für diese Fallkonstellation gilt:
Angehörige haben keinen Anspruch auf Besuchsbeihilfe, da sie entweder eigene Mobilitätsmittel oder den ÖPNV nutzen können.
Für leistungsberechtigte Personen gilt die Rahmenrichtlinie Leistungen zur Beförderung entsprechend. Der Anspruch auf Besuchsbeihilfe kann entsprechend den Leistungsvoraussetzungen der Leistungen zur Beförderung (siehe Rahmenrichtlinie Leistungen zur Beförderung) realisiert werden.
Zur Bestimmung des Umfangs der Besuchsbeihilfe (Häufigkeit der Fahrten) gelten die unter 4.6.5 genannten Grundsätze.
Die leistungsberechtigte Person lebt im Land Bremen, die zu besuchenden/besuchenden Angehörigen leben nicht im Land Bremen.
Es werden die Fahrtkosten für die wirtschaftlich günstigste Beförderungsart, die für die leistungsberechtigte Person, bzw. für die Angehörigen nutzbar ist, als Besuchsbeihilfe übernommen.
Hierbei handelt es sich im Regelfall um die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel - Deutsche Bahn AG zweite Klasse, Busse, Straßenbahnen.
Mögliche Fahrpreisvergünstigungen sind zu nutzen:
Eine Übernahme von Kosten für andere Verkehrsmittel/Beförderungsarten (nicht öffentliche Verkehrsmittel, z. B. Taxi, privater PKW) kommt nur für die leistungsberechtigte Person und darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der Rahmenrichtlinie Leistungen zur Beförderung Punkt 2 vorliegen, also wenn der leistungsberechtigten Person aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen, oder aufgrund technischer Barrieren eine Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zuzumuten ist.
Für Angehörige gilt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel immer als zumutbar.
Bei erforderlicher Nutzung eines privaten Kfz kann die in § 5 Abs. 2 Bremisches Reisekostengesetz (BremRKG) festgesetzte Wegstreckenentschädigung gezahlt werden. Zurzeit beträgt diese 0,30 € je Kilometer für die kürzeste Strecke hin- und zurück.
Wird trotz zumutbarer Nutzung des ÖPNV ein privates Kfz genutzt, sind max. die Kosten für das günstigste Ticket des öffentlichen Verkehrsmittels erstattungsfähig. Etwaige mögliche Vergünstigungen für das öffentliche Verkehrsmittel sind dabei zu berücksichtigen.
Preise für Taxifahrten sind in der für das jeweilige Taxiunternehmen gültigen amtlichen Taxentarifverordnung festgelegt.
Die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven haben jeweils eine eigene Taxentarifverordnung, die die Höhe des Beförderungsentgeltes für Taxiunternehmen mit Sitz vor Ort verbindlich regelt.
Die Plausibilisierung von Taxikosten kann mit Unterstützung von online verfügbaren Taxikostenrechnern erfolgen, sofern diese auf der jeweils gültigen Taxentarifverordnung basieren.
Bei gleichzeitiger Beförderung von mehreren Personen sind nur die anteiligen Kosten, die auf die leistungsberechtigte Person entfallen, als Besuchsbeihilfe zu übernehmen.
Zur Bestimmung des Umfangs der Besuchsbeihilfe (Häufigkeit der Fahrten) gelten die unter 4.6.5 genannten Grundsätze.
Für diese Fallkonstellation gelten die Regelungen des Eingliederungshilfeträgers am Wohnort der leistungsberechtigten Person.
Wenn es keine Regelung vor Ort gibt, wird diese Rahmenrichtlinie angewandt.
Für diese Fallkonstellation gelten die Regelungen des Eingliederungshilfeträgers am Wohnort der leistungsberechtigten Person.
Wenn es keine Regelung vor Ort gibt, wird diese Rahmenrichtlinie angewandt.
4.6.5 Umfang der Besuchsbeihilfe (Häufigkeit der Fahrten)
Für die Festlegung des Umfangs der Besuchsbeihilfe (Häufigkeit der Fahrten) im Einzelfall sind in der Regel mindestens folgende Punkte in den Blick zu nehmen:
4.6.6 Erforderlichkeit im Einzelfall
Die Erforderlichkeit ist gegeben, wenn die Leistungsvoraussetzungen nach Punkt 4.2 bis 4.5 vorliegen und die Häufigkeit gemäß den Vorgaben unter Punkt 4.6.5 plausibel ist.
Ist Erforderlichkeit im Sinne von 4.6.6 gegeben, ist die Besuchsbeihilfe entsprechend der Vorgaben für die Fallkonstellationen (4.6.1 – 4.6.3) zu gewähren. Es liegt dann ein Fall von Ermessensreduktion auf null vor. Davon kann nur abgewichen werden, soweit keine außergewöhnlichen/besonderen Umstände im Einzelfall vorliegen.
6. Abgrenzung von Besuchsbeihilfen zu anderen Leistungen
Erhält eine leistungsberechtigte Person Besuchsbeihilfen, kann sie nicht gleichzeitig für denselben Zweck (= gegenseitiger Besuch) Leistungen zur Mobilität nach § 113 Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. § 83 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB IX erhalten, umgekehrt gilt dies genauso.
Beförderungskosten, die zum Aufsuchen einer anderen SGB IX-Leistung entstehen, sind als Teil der jeweiligen Leistung zu bewilligen und können keine Besuchsbeihilfe oder Leistung zur Mobilität darstellen.
Gleiches gilt für Mobilitätsleistungen, die bereits im Entgelt der Hauptleistung (Leistung über Tag und Nacht) enthalten sind.
Für Besuchsbeihilfen gelten die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit gemäß § 98 SGB IX. Die Rahmenrichtlinie zur örtlichen Zuständigkeit nach § 98 SGB IX ist zu beachten.
Ein Beitrag aus Einkommen und Vermögen zur Besuchsbeihilfe bestimmt sich nach Kapitel 9 des 2. Teils des SGB IX sowie den dazugehörigen Rahmenrichtlinien Beitrag SGB IX aus Einkommen und Vermögenseinsatz nach SGB IX.
Das Einkommen und Vermögen von Angehörigen bleibt bei einer Entscheidung über eine Besuchsbeihilfe unberücksichtigt, da es keine Rechtsgrundlage für die Prüfung der Einkommens- und Vermögenssituation der Angehörigen gibt.
9. Bescheid und Nachweisverfahren
Die Entscheidung über die Besuchsbeihilfe kann sowohl in einem eigenen Bescheid als auch im Bescheid für die Leistung über Tag und Nacht erfolgen. In der Begründung des Bescheides müssen die Überlegungen und Feststellungen zur Erforderlichkeit nachvollziehbar dargelegt werden.
Es wird festgestellt, dass die Besuchsbeihilfe dem Grunde nach anerkannt wird und gegen Vorlage der entsprechenden Nachweise abgerechnet werden kann. Die Häufigkeit der anerkannten Fahrten und das anerkannte Beförderungsmittel sind im Bescheid zu benennen.
Der leistungsberechtigte Mensch bzw. die Angehörigen gehen für die Besuchsbeihilfe in Vorleistung und bekommen die Kosten gegen Vorlage geeigneter, plausibler Nachweise (in der Regel Quittungen der Fahrkarten) erstattet.
Es kann auch vereinbart werden, dass (z. B. bei hohen Fahrtkosten aufgrund langer Wegstrecke) die Besuchsbeihilfe vorab ausgezahlt wird. Geeignete, plausible Nachweise sind in diesen Fällen kurzfristig nach Durchführung der Fahrt durch die leistungsberechtigte Person oder durch die Angehörigen zum Nachweis einzureichen.
Laufende Bewilligungen von Besuchsbeihilfen werden mit Inkrafttreten dieser Rahmenrichtlinie bis zum Ende des aktuellen Gesamtplanungszeitraumes aufrechterhalten.
Diese Rahmenrichtlinie tritt am 01.08.2025 in Kraft.