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Verwaltungsanweisung zu § 11 Abs. 5 SGB XII

Schuldnerberatung

Veröffentlichungsdatum:28.04.2022 Inkrafttreten28.04.2022 Bezug (Rechtsnorm)AsylbLG § 2, InsO § 302, InsO § 304, LHO § 59, SGB 12 § 11, SGB 12 § 23, SGB 12 § 67, SGB 12 § 82, SGB 12 § 85
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juris-Abkürzung:
Dokumenttyp: Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, Dienstanweisungen, Dienstvereinbarungen, Richtlinien und Rundschreiben
Dokumenttyp: Wappen Bremen
Gliederungs-Nr::
Normgeber:Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport
Aktenzeichen:331-038
Erlassdatum:28.04.2022
Fassung vom:28.04.2022
Gültig ab:28.04.2022
Quelle:Wappen Bremen
Gliederungs-Nr:keine Angaben verfügbar
Normen:§ 2 AsylbLG, § 302 InsO, § 304 InsO, § 59 LHO, § 11 SGB 12, § 23 SGB 12, § 67 SGB 12, § 82 SGB 12, § 85 SGB 12
Verwaltungsanweisung zu § 11 Abs. 5 SGB XII

Verwaltungsanweisung zu § 11 Abs. 5 SGB XII
Schuldnerberatung

Gesetzestext:

§ 11 Beratung und Unterstützung, Aktivierung

1 Allgemeines

2 Personenkreise

2.1 Anspruchsberechtigt

2.2 Nicht anspruchsberechtigt

3 Leistungsausschluss

4 Ermessen

4.1 Soll-Leistung

4.2 Kann-Leistung

5 Gegenstand und Umfang der Schuldnerberatung/ Verfahren

5.1 Allgemeines

5.2 Gegenstand der Schuldnerberatung

5.2.1 Die Sondierungsberatung

5.2.2 Der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch

5.2.3 Eine nachgehende Beratung

5.3 Bewilligungsverfahren

5.4 abschließende Bearbeitung

5.5 nachgehende Beratung

5.6 Schlussbescheid

5.7 Schnittstelle SGB XII/ SGB II

6 Besonderheiten des Einzelfalles

6.1 Erhöhung der Gläubigerzahl

6.2 Abbruch der Schuldnerberatung

6.3 Wechsel der Beratungsstelle

6.4 Schuldnerberatung für Ehegatten

6.5 Aus geschlossener Einrichtung Entlassene

6.6 Schulden beim Sozialhilfeträger sowie aus unerlaubter Handlung

6.7 Auskünfte gegenüber dem/der Insolvenzverwalter:in

7 Inkrafttreten

Gesetzestext:§ 11 Beratung und Unterstützung, Aktivierung

(1)
1Zur Erfüllung der Aufgaben dieses Buches werden die Leistungsberechtigten beraten und, soweit erforderlich, unterstützt.
...
(5)
1Auf die Beratung und Unterstützung von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, von Angehörigen der rechtsberatenden Berufe und von sonstigen Stellen ist zunächst hinzuweisen. 2Ist die weitere Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle oder andere Fachberatungsstellen geboten, ist auf ihre Inanspruchnahme hinzuwirken. 3Angemessene Kosten einer Beratung nach Satz 2 sollen übernommen werden, wenn eine Lebenslage, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, sonst nicht überwunden werden kann; in anderen Fällen können Kosten übernommen werden. 4Die Kostenübernahme kann auch in Form einer pauschalierten Abgeltung der Leistung der Schuldnerberatungsstelle oder anderer Fachberatungsstellen erfolgen.
1

Die grundsätzliche Pflicht des Trägers der Sozialhilfe zur Beratung und Unterstützung resultiert insbesondere aus § 11 Abs. 1 bis 3. Nach § 11 Abs. 5 S. 1 ist zunächst auf die Beratung und Unterstützung von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, von Angehörigen der rechtsberatenden Berufe und sonstigen Stellen hinzuweisen.

Sofern der Träger der Sozialhilfe feststellt, dass eine qualifizierte Beratung geboten ist (z. B. weil die Problemlage schwerwiegender ist und eine längere und intensive Beratung erfordert), ist auf die Inanspruchnahme einer solchen qualifizierten Beratungsstelle hinzuwirken (§ 11 Abs. 5 S. 2) Dies ist insbesondere bei der Schuldnerberatung der Fall. Satz 3 sieht sodann eine in der Regel (Soll-Vorschrift) bestehende Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe vor, die angemessenen Kosten der Beratung zu übernehmen.1

Nach der Gesetzessystematik gehört die Schuldnerberatung seit dem 01.01.2005 nicht mehr zur Hilfe zum Lebensunterhalt und ist deshalb SGB II-Leistungsberechtigten nicht schon nach § 21 Abs. 1 S. 1 versperrt; dennoch ist die Regelung des § 11 Abs. 5 im Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 zu sehen. Hiernach sollen die Leistungsberechtigten „zur Erfüllung der Aufgaben dieses Buches“ – also der Aufgaben nach dem SGB XII – beraten und, soweit erforderlich, unterstützt werden.

2
2.1

Anspruchsberechtigt für Leistungen der Schuldnerberatung sind folgende Personenkreise:

Leistungsbeziehende nach dem 3. oder 4. Kapitel SGB XII.
Nicht erwerbstätige Personen mit einem geringen Einkommen (z.B. Rente, Unterhalt), die verschuldet bzw. überschuldet sind und der Fachberatung bedürfen, um eine Lebenslage zu überwinden, in der mittelbar bedingt durch Verschuldung Leistungen nach dem SGB XII erforderlich oder zu erwarten sind.
Für Personen, die nicht im laufenden Leistungsbezug nach dem 3. oder 4. Kapitel dieses Gesetzes stehen, ist hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens die Einkommensgrenze nach § 85 heranzuziehen. Es gilt der Einkommensbegriff nach § 82.
In besonderen Einzelfällen Leistungsempfänger:innen nach dem SGB II. Beispiel: Durch die Nichtgewährung der Schuldnerberatung könnten Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 ff SGB XII) oder Hilfen in sonstigen Lebenslagen (§ 73 SGB XII) erforderlich werden oder der Erfolg bereits bewilligter Hilfen könnte gefährdet werden.
2.2

Keinen Anspruch auf Leistungen der Schuldnerberatung haben folgende Personenkreise:

Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mit einem Anspruch auf Leistungen nach 3 AsylbLG.
Für den Personenkreis nach § 2 AsylbLG gelten die Vorschriften des SGB XII analog, jedoch unter Berücksichtigung von § 23 SGB XII. Insofern ist die Schuldnerberatung nicht generell auszuschließen. Ob hinreichende Gründe vorliegen, die eine solche (Kann-) Leistung rechtfertigen, ist im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Dabei sind dieselben Kriterien wie für die unmittelbar nach dem SGB XII leistungsberechtigten Personen anzuwenden.
Erwerbstätige Personen und Personen mit einem Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 (SGB III). Diese Antragsteller:innen sind an ausgewählte Schuldnerberatungsstellen zu verweisen, da evtl. Ansprüche auf eine präventive Schuldnerberatung bestehen können.
Leistungsbeziehende nach dem SGB II, sofern sie nicht unter die unter 2.1 genannte Sonderregelung fallen.
3

Kein Leistungsanspruch besteht, wenn

die Höhe der Schulden weniger als 2.500 € beträgt. Dabei sind Schulden, die bei dem Sozialhilfeträger bestehen, einzubeziehen. Sofern während einer laufenden Schuldnerberatung, d.h. nach Erteilung der Kostenzusicherung, durch Verzicht, Niederschlagung o. ä. die Gesamtschuldensumme nicht mehr den Betrag von 2.500 € erreicht, sind die entstehenden Schuldnerberatungskosten dennoch zu begleichen. Reduzieren sich jedoch die Gesamtschulden durch Niederschlagung der Forderung des Sozialhilfeträgers auf einen Betrag von unter 2.500 €, wird kein Schuldnerberatungsverfahren eingeleitet bzw. keine Kostenzusicherung erteilt.
Von dieser Regelung ausgenommen, sind Jugendliche unter 25 Jahren, deren Schulden bei mindestens drei Gläubigern bestehen, auch wenn die Gesamtsumme unter 2.500 € liegt.
nur beim Sozialhilfeträger Schulden bestehen, d.h. es keine weiteren Gläubiger gibt,
die Schulden ausschließlich aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung resultieren,
die schriftliche Bereitschaftserklärung der antragstellenden Person (s. Standardbereitschaftserklärung), nach einer gescheiterten außergerichtlichen Einigung auch das Verbraucherinsolvenzverfahren zu durchlaufen, dem Antrag auf Bewilligung von Schuldnerberatungskosten nicht beigefügt ist,
ausreichendes Selbsthilfepotenzial besteht
oder
ein Regelinsolvenzverfahren nach § 304 InsO (sog. Unternehmerinsolvenzverfahren; gilt für alle „Nicht-Verbraucher:innen“, z.B. freiberuflich Selbstständige [Ärztinnen, Ärzte, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Architektinnen, Architekten, Kleingewerbetreibende und Unternehmende]) zu führen ist.
4

§ 11 Abs. 5 S. 3 unterscheidet bei der Schuldnerberatung zwischen Soll-Leistungen und Kann-Leistungen. Die Ausübung des Ermessens ist aktenkundig zu dokumentieren.

4.1

Angemessene Kosten der Beratung sollen übernommen werden, wenn eine Lebenslage, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, sonst nicht überwunden werden kann (§ 11 Abs. 5 S. 3 HS 1).

Diese Regelung ist im Zusammenhang mit § 15 Abs. 1 zu sehen. Hiernach soll Sozialhilfe vorbeugend geleistet werden, wenn dadurch eine drohende Notlage ganz oder teilweise abgewendet werden kann. Das bedeutet, dass eine Hilfebedürftigkeit für Leistungen nach § 11 Abs. 5 S. 3 (noch) nicht vorliegen muss, sondern nur zu drohen braucht und die Leistung dazu dient, die (drohende) Notlage (ganz oder teilweise) zu vermeiden. Hierfür genügt aber nicht jede Notlage. Vielmehr muss nach § 11 Abs. 5 S. 3 eine Lebenslage drohen, die Leistungen zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) erforderlich macht.2

Bei Leistungsbeziehenden nach dem 3. Kapitel SGB XII besteht somit ein eingeschränktes Ermessen.

Aufgrund der Formulierung im Gesetzestext, dass „eine Lebenslage, die Leistung der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, sonst nicht überwunden werden kann“ haben SGB II-Leistungsberechtigte keinen Anspruch auf die Soll-Leistung nach § 11 Abs. 5 S. 3 HS 1. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII).

4.2

Ist die unter 4.1 genannte Lebenslage noch nicht eingetreten und droht sie lediglich, ist dem Träger der Sozialhilfe Ermessen bei der Entscheidung der Übernahme der Beratungskosten eingeräumt.

In „anderen Fällen“ können Kosten übernommen werden. Diese Formulierung entspricht dem § 11 Abs. 5 S. 3 HS 2.

Die Schuldnerberatung als Beratungsleistung im Sinne des § 11 SGB XII ist somit als Annex zu einer (ggf. erst in Zukunft erforderlichen) Leistung des Dritten bis Neunten Kapitels anzusehen. Sie stellt somit keinen völlig eigenständigen Leistungsanspruch im SGB XII dar.

Die Formulierung „in anderen Fällen“ des § 11 Abs. 5 S. 3 HS 2 bezieht sich auf die im SGB XII außerhalb des dritten Kapitels vorgesehenen Hilfen.

Ein laufender Leistungsanspruch nach dem Vierten Kapitel SGB XII ist mit der existenzsichernden Leistung des Dritten Kapitels vergleichbar, sodass sich in diesen Fällen das Ermessen eingeschränkt. Hier ist wie unter 4.1 beschrieben zu verfahren.

Die Entscheidung über eine Kann-Leistung ist unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens zu treffen.

Dabei sind alle den Einzelfall betreffenden subjektiven und objektiven Aspekte zu berücksichtigen, die auf eine Erfolgsaussicht des Entschuldungsverfahrens hinweisen.

Bei der Ausübung des Ermessens sind insbesondere folgende Kriterien einzeln oder auch mehrere gemeinsam heranzuziehen:

Ein bestehendes Betreuungsverhältnis über die Vermögenssorge.
Der eindeutige Wille zur Veränderung der Lebenssituation. (Was wurde dazu bereits unternommen bzw. was soll konkret unternommen werden?)
Die Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Kosten.
Das Verhältnis der Kosten zur Höhe der Schulden.
Die Gesamthöhe der Schulden unter Berücksichtigung ggf. noch offener Forderungen des Sozialhilfeträgers z.B. aus Darlehensgewährung.
Das Verhältnis der Schulden zu den zu befürchtenden finanziellen und sozialen Kosten im Zusammenhang mit drohender oder bereits eingetretener Sozialhilfeabhängigkeit.
Eine drohende Krankheit bzw. Erfolglosigkeit einer Therapie.

Ist unter Berücksichtigung dieser Aspekte von einer realistischen Aussicht auf Erfolg, d.h. Bereinigung der Schuldenprobleme, auszugehen, reduziert sich der Ermessensspielraum auf null.

Sofern unter Berücksichtigung aller für den Einzelfall relevanten Kriterien lediglich unwesentliche Aspekte gegen den erfolgreichen Abschluss eines Entschuldungsverfahrens sprechen (z.B. andauernde Suchterkrankung ohne Einsicht der Therapienotwendigkeit bzw. ohne aktive Bemühungen um eine Therapie), d.h. eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs besteht, ist eine Bewilligung der beantragten Leistung angezeigt.

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5.1

Hilfesuchende Schuldner:innen werden entweder über die Sachbearbeitung des Fachdienstes Soziales an die anerkannten Beratungsstellen3 verwiesen oder wenden sich direkt an diese.

Nach Antragseingang (V138) wird vom Fachdienst Soziales der Pendelbrief (V137) erstellt und an die Beratungsstelle weitergeleitet. Mit dem Pendelbrief wird eine Sondierungsberatung in Auftrag gegeben.

Der Pendelbrief wird nach der Sondierungsberatung von den Beratungsstellen vervollständigt und mit der Rechnung für die Sondierungsberatung an den zuständigen Fachdienst im Amt für Soziale Dienste zurückgesandt.

Im weiteren Verlauf wird – sofern die Schuldnerberatung befürwortet wird – der Auftrag zur Schuldnerberatung nach § 3 der Vereinbarung der Schuldnerberatungsstelle erteilt.

5.2

Nach § 11 kann der örtliche Träger der Sozialhilfe die Aufgabe der Schuldnerberatung selbst durchführen oder auf entsprechende Schuldnerberatungsstellen übertragen. In Bremen wird die Schuldnerberatung durch öffentliche Schuldnerberatungsstellen freier Träger durchgeführt. Mit den einzelnen Trägern werden jährlich Vereinbarungen nach § 75 zur Übernahme der Kosten abgeschlossen. Damit verpflichtet sich der Träger der Sozialhilfe gegenüber den Vertragspartnern, d.h. den Schuldnerberatungsstellen, die Kosten für die Dienstleistung Schuldnerberatung im Sinne der Vereinbarung in Form von Pauschalentgelten zu übernehmen.

Im Einzelnen wird in den Vereinbarungen der Umfang der Schuldnerberatung festgelegt. Diese umfasst danach:

die Sondierungsberatung,
einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch, der grundsätzlich die Rahmenbedingungen der Insolvenzordnung (InsO) zu beachten und deren Möglichkeiten auszuschöpfen hat und
ggf. eine nachgehende Beratung.
5.2.1

umfasst die Feststellung der Verschuldungshöhe und der Gläubigeranzahl sowie die Ermittlung der durchschnittlichen monatlichen Belastung, die aus der Verschuldungssituation resultiert. Darüber hinaus sind Aussagen zur rechtlichen Situation insbesondere hinsichtlich der Titulierung und dem Ausschluss der Forderungen von der Restschuldbefreiung nach § 302 InsO zum Zeitpunkt des Sondierungsgespräches zu machen.

Für die Durchführung der Sondierungsberatung erhalten die Schuldnerberatungsstellen ein Pauschalentgelt, welches in der Entgeltvereinbarung festgelegt ist. Der Betrag ist nach Eingang des Ergebnisses (Rücklauf des Pendelbriefes) der Beratungsstelle anzuweisen, unabhängig von einer Bewilligung oder Ablehnung des Gesamtantrages.

Alle weiteren Kosten der Schuldnerberatung werden darüber hinaus analog der Entgeltvereinbarung gewährt.

5.2.2

beinhaltet die Information über Verbraucherinsolvenzrecht, Krisenintervention, Forderungsüberprüfung, Budget- und Haushaltsberatung, sozialpädagogische Beratung, präventive Hilfen zur Vermeidung neuer Überschuldung in der Zukunft sowie insbesondere Verhandlungen mit Gläubigern über eine außergerichtliche Schuldenbereinigung auf Grundlage eines Schuldenbereinigungsplans. Stimmen die Gläubiger diesem Plan zu, gilt der Fall als erfolgreich abgeschlossen.

Scheitert der außergerichtliche Schuldenbereinigungsversuch und steht der überschuldeten Person das Verbraucherinsolvenzverfahren offen, ist ihr von der Beratungsstelle eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, die ihr den Zugang zum gerichtlichen Insolvenzverfahren ermöglicht.

5.2.3

kann im Einzelfall nach Abschluss einer erfolgreichen außergerichtlichen Schuldenbereinigung oder nach einem gerichtlichen Vergleich durchgeführt werden, wenn

sie zur nachhaltigen Stabilisierung des/der Schuldners/Schuldnerin während der Planabwicklungsphase (umfasst mindestens 3 Jahre), erforderlich ist oder
das gerichtliche Verbraucherinsolvenzverfahren mit Ankündigung der Restschuldbefreiung durchlaufen wird; siehe hierzu 5.5
5.3

Die im Amt für Soziale Dienste für die Gewährung existenzsichernder Leistungen zuständigen Bereiche prüfen unter Einbeziehung des Ergebnisses der Sondierungsberatung, der persönlichen Situation im Einzelfall und der einkommens- und vermögensrechtlichen Voraussetzungen die Übernahme der Kosten der Schuldnerberatung (V138a).

Eine Einkommensprüfung entfällt, wenn laufende Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel oder im Einzelfall nach dem SGB II (s. 2.1) bezogen werden.

In anderen Fällen ist hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII heranzuziehen. Der Einkommensbegriff des § 82 SGB XII findet Anwendung.

Die Bearbeitung des Antrages soll innerhalb von 4 Wochen nach Vorliegen des Ergebnisses der Sondierungsberatung erfolgen. Die Entscheidung ist per Bescheid mitzuteilen.

Die Kostenzusage für die umfassende Schuldnerberatung (im Anschluss an eine Sondierungsberatung) umfasst zunächst die generelle Bewilligung (Abschlagsbetrag) für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch mit Hilfe der anerkannten Schuldnerberatungsstelle. Der entsprechende Betrag ist direkt der Schuldnerberatungsstelle zu überweisen.

Die Höhe der Pauschalentgelte für Schuldnerberatung richtet sich nach der Anzahl der Gläubiger und ist in folgende Teile gegliedert:

Pauschalentgelte für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch
Pauschalentgelte für einen erfolgreichen Abschluss einer außergerichtlichen Schuldenbereinigung
Pauschalentgelte bei Einleitung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens
Pauschalentgelt für eine nachgehende Beratung

Mit den in den jährlichen Leistungsvereinbarungen gemäß § 75 festgelegten Pauschalbeträgen sind sämtliche Kosten der Schuldnerberatungsstellen abgegolten.

Wird die Beratung durch den/die Schuldner:in vor Abschluss des Verfahrens abgebrochen, so bleibt es bei der Bewilligung der Abschlagszahlung. Zusätzliche weitere Kosten können dann nicht übernommen werden.

5.4

Die abschließende Bearbeitung erfolgt unter Einbeziehung der von der Schuldnerberatungsstelle nachzureichenden Unterlagen, aus denen die jeweilige Fallkonstellation ersichtlich ist. Hierzu zählt ggf. auch ein Nachweis über die Antragstellung auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens und auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Erst nach Vorliegen der entsprechenden Unterlagen (V 139) kann die erbrachte Leistung endgültig abgegolten werden. Neben dem Pauschalentgelt für einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch kann auch das Pauschalentgelt für den erfolgreichen Abschluss der Schuldenbereinigung gewährt werden. Es ist jedoch nicht möglich, das Entgelt für einen erfolgreichen Abschluss und für die Einleitung des gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens nebeneinander zu gewähren.

Die Abschlussgebühr ist Teil der Bewilligung nach Antragstellung und bedarf keiner erneuten Einkommens- und Vermögensprüfung.

Hinsichtlich der Schlussabrechnung ist die zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gültige Entgeltvereinbarung zu Grunde zu legen.

5.5

Gleichzeitig mit den nachzureichenden Unterlagen kann im Einzelfall ein Antrag auf nachgehende Beratung nach § 3 Abs. 4 der Vereinbarung nach § 75 für die Phase der Planabwicklung im Vergleichsverfahren gestellt werden, sofern die Erforderlichkeit hierfür nachgewiesen wird. Für den Fall der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens kann frühestens mit Ankündigung der Restschuldbefreiung (Beginn der Wohlverhaltensphase) ein Antrag auf nachgehende Beratung eingereicht werden.

Die nachgehende Beratung nach Abschluss des Verfahrens stellt einen neuen Antrag (V 138) dar. Er ist gesondert zu begründen und nur möglich, wenn nach Abschluss des Verfahrens gewichtige Gründe vorliegen und es zuvor zu einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch oder einem gerichtlichen Vergleich gekommen ist. Die Beratung muss weiter zur nachhaltigen Stabilisierung des Schuldners/der Schuldnerin im Hinblick auf die Sicherstellung der geordneten Rückzahlung oder wenn das gerichtliche Insolvenzverfahren mit Ankündigung der Restschuldbefreiung durchlaufen wird, erforderlich sein. Dieser Antrag ist dann erneut im Hinblick auf Einkommen, Vermögen und Notwendigkeit zu prüfen und ein weiterer Bescheid (V 138a) ist zu erstellen.

5.6

Nach Vorliegen der Unterlagen ist ein Schlussbescheid (V 139a) zu fertigen und der restliche Bewilligungsbetrag (Gesamtbetrag abzüglich des bereits gezahlten Abschlages) der Schuldnerberatungsstelle zu überweisen.

5.7

Wechselt während einer laufenden Schuldnerberatung nach der Bewilligung der Hauptberatung die Anspruchsberechtigung vom SGB XII in das SGB II oder umgekehrt, sind die Restkosten von dem Leistungsträger zu übernehmen, der über den grundsätzlichen Antrag entschieden hat (auch nach Ende des Leistungsbezugs).

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6.1

Die tatsächliche Anzahl der Gläubiger kann sich abweichend von der ursprünglichen Angabe im Pendelbrief im Verlauf der Einzelfallberatung erhöhen/reduzieren. Dies kann zu einem veränderten Vergütungsanspruch der Schuldnerberatungsstellen führen. Ergibt sich dadurch vor Abschluss des Verfahrens und damit vor Erstellung des Schlussbescheides eine Erhöhung/Reduzierung des Betrages, so ist diese im Schlussbescheid entsprechend zu berücksichtigen.

6.2

Kostenübernahme für eine zweite Schuldnerberatung sehen die abgeschlossenen Verträge zwar nicht ausdrücklich vor, sind aber auch nicht ausgeschlossen.

Das bedeutet, dass es im Ermessen der Sachbearbeitung liegt, ob im Rahmen einer Einzelfallentscheidung einem wiederholten Antrag auf Schuldnerberatung, nach Abbruch des vorangegangenen Beratungsverfahrens, entsprochen wird.

Ein erneutes Durchlaufen des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist nach Erteilung einer Restschuldbefreiung für Anträge nach dem 01.10.2021 im ersten Verfahren frühestens nach Ablauf von aktuell elf Jahren möglich. Für ältere Verfahren beträgt die Frist weiterhin zehn Jahre. Die Zulässigkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens erfolgt durch das zuständige Gericht.

6.3

Wechselt ein/e Schuldner:in die Beratungsstelle, so besteht die Möglichkeit des internen Ausgleichs der gezahlten Pauschale zwischen der ersten und zweiten Beratungsstelle.

6.4

Für das Verfahren im Rahmen der Schuldnerberatung bei Ehegatten ist es unerheblich, ob es sich um gemeinsame oder getrennte Schulden handelt. Für beide Ehepartner muss getrennt ein außergerichtliches Verfahren durchlaufen und auch ein getrennter Antrag beim Gericht gestellt werden. Das bedeutet, dass auch für jede/n Schuldner:in die Pauschale zu gewähren ist, sofern jeweils ein Anspruch nach § 11 Abs. 5 besteht.

6.5

Für Personen, die aus geschlossenen Einrichtungen (JVA und/oder Drogentherapie) entlassen wurden, gelten teilweise abweichende Entgeltvereinbarungen. Für Schuldner:innen dieses Personenkreises können die Beratungsstellen eine einmalige Erhöhung der Pauschalen beantragen.

Sofern es sich um Personen handelt, deren Beratung in der JVA begonnen, jedoch nicht abgeschlossen wurde, werden die Pauschalen um 50 % gekürzt (Teilkostenübernahme durch Justiz).

6.6

Bei der Ermittlung der Höhe der Gesamtschulden und der Gläubigeranzahl werden die Schulden, die gegenüber dem Sozialhilfeträger bestehen berücksichtigt. Ebenso erfasst werden Schulden aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung.

Im Rahmen des Schuldnerberatungsverfahrens kann unter Anwendung des § 59 Landeshaushaltsordnung (LHO) im Einzelfall geprüft werden, ob die Forderungen gegenüber dem/der Schuldner:in gestundet, erlassen oder niedergeschlagen werden können.

Bei Schulden aus einer darlehensweisen Leistungsgewährung nach dem SGB XII besteht des Weiteren die Möglichkeit der Prüfung, ob das gewährte Darlehen in eine Beihilfe umgewandelt werden kann.

Schulden, die aus unerlaubten Handlungen bestehen, können im Rahmen der Restschuldbefreiung jedoch nicht erlassen werden. Diese Schulden können nach Ende des Insolvenzverfahrens weiter beigetrieben werden.

6.7

Die zentrale Figur in einem Insolvenzverfahren ist der/die Insolvenzverwalter:in. Dessen/deren Aufgaben besteht in der Inbesitznahme und Verwaltung des Vermögens, Bereinigung der Masse, insbesondere Freigabe und Vorwegbefriedigung der Massegläubiger, Abwicklung laufender Geschäfte, Mehrung der Masse durch Insolvenzanfechtung, Verwertung der Masse, Feststellung der Schuldmasse, d.h. der Summe der Insolvenzforderungen und Verteilung der Masse unter den Insolvenzgläubigern. Tritt ein/e Insolvenzverwalter:in dementsprechend im Rahmen eines lfd. Verfahrens an das Amt für Soziale Dienste mit der Bitte um Auskunft über ggf. bestehende Schulden beim Sozialhilfeträger heran, so ist ihm/ihr entsprechende Auskunft zu geben.

7

Die Verwaltungsanweisung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Die Verwaltungsanweisung vom 26.03.2015 sowie die Fachliche Mitteilung vom 05.03.2019 werden zum gleichen Zeitpunkt außer Kraft gesetzt.

Fußnoten

1)

 Grube/Wahrendorf/Flint/Streichsbier SGB XII § 11 Rn. 16-18

2)

 vgl. BSG-Urteil v. 13.07.2010 B 8 SO 14/09 R

3)

 Werden regelmäßig von der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport bekannt gegeben


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